Virtuelle Aktienoptionen: BAG stärkt Arbeitnehmerrechte bei Eigenkündigung

Grafik: KI-generiert mit ChatGPT (DALL-E)
Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden. Im konkreten Fall war ein Arbeitnehmer war vom 1. April 2018 bis zum 31. August 2020 bei einem Unternehmen beschäftigt, bevor er selbst fristgerecht kündigte. Im Jahr 2019 erhielt er ein Angebot über 23 virtuelle Aktienptionsrechte (sogenannte „Allowance Letter“), das er durch eine separate Erklärung annahm, also unabhängig vom Arbeitsvertrag.
Nach den Regelungen für Mitarbeiter-Aktienoptionen (Employee Stock Option Provisions – „ESOP“) des Unternehmens können diese virtuellen Optionen unter bestimmten Bedingungen ausgeübt werden, was zu einem Zahlungsanspruch gegen das Unternehmen führen kann. Voraussetzung für die Ausübung ist zum einen ein Ausübungsereignis, zum Beispiel ein Börsengang, und zum anderen das Ablaufen einer sogenannten Vesting-Periode. Dabei werden die dem Arbeitnehmer zugeteilten virtuellen Optionen nach einer Mindestwartezeit von zwölf Monaten innerhalb einer Vesting-Periode von insgesamt vier Jahren gestaffelt ausübbar. Zur Info: Das sogenannte Vesting ist eine Form der Mitarbeiterbeteiligung. Hierbei verdienen sich die Beschäftigten pro Monat einen gewissen Anteil des Unternehmens – häufig handelt es sich um Start-ups –, indem sie im Unternehmen arbeiten.
Der Arbeitnehmer vertrat die Ansicht, dass ihm die bereits „gevesteten“, also durch Zeitablauf freigewordenen, virtuellen Optionen zustünden – auch nach Ablauf seines Arbeitsverhältnisses. Er argumentierte, dass die Optionen ein essenzieller Bestandteil seiner Vergütung gewesen seien, die er sich durch seine Arbeit bei seinem Arbeitgeber während der Vesting-Phaseverdient habe. Die Verfallsklauseln seien deshalb unwirksam.
Der Arbeitgeber argumentierte hingegen, die Optionen seien eine Belohnung für die Betriebstreue bis zum Eintritt eines bestimmten Ereignisses wie zum Beispiel eines Börsengangs. Es handele sich lediglich um eine Aussicht auf Vergütung, nicht um bereits verdienten Lohn.
Nachdem sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht die Klage abwiesen hatten, gab das Bundesarbeitsgericht dem Arbeitnehmer recht (Urteil vom 19. März 2025, Aktenzeichen: 10 AZR 67/24): Die „gevesteten“ virtuellen Optionen gelten als Gegenleistung für die Arbeit, die der Arbeitnehmer während der Vesting-Zeit erbracht hat. Laut BAG ist es unzulässig, dass Beschäftigte durch eine arbeitsvertragliche Verfallsklausel ihre bereits verdienten Ansprüche nach Eigenkündigung verlieren. Eine solche Regelung schränke die Kündigungsfreiheit unzulässig ein.
VAA Praxistipp:
Das Urteil des BAG und die damit einhergehende Abweichung von der früheren Rechtsprechung bedeutet eine echte Veränderung für die Bedeutung von Mitarbeiterbeteiligungen, da Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer deutlich in ihren Rechten gestärkt werden. Vermutlich werden viele Arbeitgeber ihre ESOP-Regelungen überarbeiten. Zu beachten ist, dass sich das Urteil des BAG nicht auf Verfallsregelungen für noch nicht „gevestete“ Optionsrechte bezieht.
Dieser Artikel ist erstmals im VAA Newsletter in der Ausgabe April 2025 veröffentlicht worden.