ULA Nachrichten

Kommentar von Roland Angst

Die EU ist und bleibt für Deutschland ein tragender Pfeiler unseres Wohlstandes. Unsere Wirtschaft ist eng mit den Nachbarstaaten verflochten und der Binnenmarkt mit über 450 Millionen Menschen eröffnet uns direkt vor der Haustür Absatzmöglichkeiten für rund 60 Prozent unserer Exportwaren. Die übrigen 40 Prozent exportieren wir in die übrige Welt. Damit zählt die EU zu den prägenden Akteuren im globalen Handel. Die Kommission verhandelt im Namen aller Mitgliedstaaten bedeutende Handelsabkommen und gestaltet so aktiv die wirtschaftliche Zukunft unseres Kontinents.

Und doch herrscht derzeit Katerstimmung in den Hauptstädten Europas, denn die jüngsten Erfahrungen mit den USA haben deutlich gemacht, dass Europa seine strategischen Interessen in Handel und Sicherheit nicht länger selbstverständlich an der Seite eines wohlmeinenden Partners verfolgen kann. So wurde die Europäische Kommission mit ihrer Präsidentin Ursula von der Leyen von US-Präsident Donald Trump gleich zweifach brüskiert. Zunächst musste sie ein sehr einseitiges, von den USA durchgesetztes Handelsabkommen als „großartig“ loben. Mit dem Druckmittel der schieren militärischen Stärke haben sich die USA enorme wirtschaftliche Vorteile verschafft. Die zweite Düpierung erfolgte kurze Zeit später, als die Kommissionspräsidentin bei einer Diskussion im Weißen Haus öffentlich aus dem Raum verwiesen wurde, da sie keinen Staat repräsentiere.

Wir als Europäer sind also gefordert, aus eigener Kraft unsere Position in der Welt zu behaupten – denn als einzelne Staaten hätten wir noch weit weniger Gewicht. In dieser Herausforderung liegt zugleich eine große Chance: Europa verfügt über die wirtschaftliche Stärke, selbstbewusst aufzutreten – nicht als Bittsteller, sondern als gleichwertiger Partner. Wirtschaftlich verfügen wir über die Stärke, für uns selbst zu sorgen. Ein geeintes, wehrhaftes, aber dennoch nicht aggressiv auftretendes Europa kann neue Märkte erschließen, eigene Interessen vertreten und vielleicht sogar neue Impulse für Dialog und Zusammenarbeit mit schwierigen Nachbarn setzen – bis hin zu einer möglichen Neuauflage einer Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. 

Jetzt gilt es, die aktuelle Katerstimmung rasch zu überwinden und eine optimistische, zukunftsgerichtete Vision für ein starkes Europa zu entwickeln. Wir als Führungskräfte in Deutschland können und sollten hierzu einen wichtigen Beitrag leisten – durch unternehmerischen Mut, verantwortungsvolles Handeln und die klare Bereitschaft, diese europäische Vision Wirklichkeit werden zu lassen.

Roland Angst ist Präsident des Deutschen Führungskräfteverbands ULA.
Roland Angst ist Präsident des Deutschen Führungskräfteverbands ULA. Foto: Deutsche Telekom

ULA Intern

Treffen der AG Diversity

Am 14. August 2025 hat in Berlin das jährliche Präsenzmeeting der ULA-AG Diversity stattgefunden. Vor dem Hintergrund der Rückschritte bei Diversitythemen im transatlantischen Raum diskutierten die Teilnehmenden über die Möglichkeit, trotzdem weiterhin für Vielfalt und Inklusion einzustehen. Konkret wurden Ideen gesammelt, wie mit geschlechtersensibler Sprache die gleichwertige und diskriminierungsfreie Ansprache aller Geschlechter und Geschlechtsidentitäten in der Verbändearbeit bestmöglich erfolgen kann. Die erarbeiteten Ideen werden nun in eine praxisorientierte Handreichung einfließen, die den Mitgliedsverbänden der ULA als Orientierung und Hilfestellung dienen soll. Die AG Diversity spricht damit nicht nur über Vielfalt, sondern zeigt konkrete Handlungsmöglichkeiten für den Alltag auf.

Stellungnahme zum BRSG II

Im August 2025 hat die ULA zum Referentenentwurf des Zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG II) Stellung genommen. Darin begrüßt sie den raschen Neustart des BRSG II als wichtiges Signal für die Altersvorsorge und Fachkräftesicherung in Deutschland. In der Stellungnahme wird deutlich gemacht, dass der Erfolg des Gesetzes von entscheidenden Weichen abhängt: einer Stärkung des Sozialpartnermodells, praxistauglichen Regelungen zu Abfindungen und Transfers, steuer- und beitragsrechtlicher Klarheit sowie einem spürbaren Bürokratieabbau. Zudem fordert die ULA, die Betriebliche Altersversorgung konsequent auch für Fach- und Führungskräfte zu stärken und strukturelle Hemmnisse wie die Doppelverbeitragung endlich abzubauen.

Führungskräfteumfrage 2025

Illustration mit drei kleinen Cartoonmenschen im Managerlook, die jeweils auf einem großen weißen Fragezeichen vor einem gelben Hintergrund sitzen.
Foto: sorbetto – iStock

Führungskräfte fordern mehr Reformtempo: Was der Standort jetzt braucht!

Die Stimmung in den Führungsetagen deutscher Unternehmen ist eindeutig: Deutschland braucht einen Aufbruch. Das zeigt die aktuelle „Führungskräfteumfrage 2025“ des Deutschen Führungskräfteverbands ULA, der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und des Bundesverbands Deutscher Volks- und Betriebswirte (bdvb).

Kurz nach der Bundestagswahl wurden mehr als 1.400 Führungskräfte aus verschiedenen Branchen befragt. Die Tageszeitung Handelsblatt hob in einem ausführlichen Artikel am 29. Juli 2025 hervor, wie tief die Skepsis gegenüber einem baldigen wirtschaftlichen Aufschwung sitze – und wie groß zugleich der Ruf nach strukturellen Reformen sei. Zwar sind die Erwartungen an die Politik hoch und das Vertrauen in ihre Reformfähigkeit gering – zugleich sehen sich die Führungskräfte und ihre Unternehmen aber als treibende Kraft des Wandels und nehmen ihre Verantwortung für die zukunftsfähige Gestaltung des Landes aktiv wahr. „Führungskräfte übernehmen täglich Verantwortung für ihre Unternehmen und Mitarbeitenden“, betont der Präsident des Deutschen Führungskräfteverbands ULA Roland Angst. „Dafür brauchen sie Rahmenbedingungen, die effizientes Handeln ermöglichen – und es nicht blockieren“.

Standort Deutschland: mehr Skepsis als Zuversicht

Die Bewertung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen fällt überwiegend verhalten aus. Nur etwa zwei Prozent der Befragten vergeben die Bestnote „sehr gut“. Die Mehrheit gibt dem Standort die Note „befriedigend“ oder schlechter. Auch international sieht die Lage nicht besser aus: Fast die Hälfte der Führungskräfte ordnet Deutschland in der Konkurrenz um Fachkräfte und Investitionen nur im hinteren Mittelfeld ein.

Fachkräftemangel bremst Wachstum

Das größte Risiko für die Wettbewerbsfähigkeit bleibt der Mangel an qualifiziertem Personal. Rund 60 Prozent der Führungskräfte bezweifeln, dass Deutschland genügend Fachkräfte aus dem Ausland gewinnen kann. „Fachkräftesicherung ist keine Randaufgabe – sie ist Kern wirtschaftspolitischer Zukunftssicherung“, mahnt bdvb-Vizepräsident Prof. Alexander Zureck. „Wer internationale Talente gewinnen will, muss endlich Hürden abbauen: von Bürokratie bis Sprachbarrieren.“ Künstliche Intelligenz mache gelebte Mehrsprachigkeit in Unternehmen längst möglich – jetzt brauche es ein zukunftsorientiertes Bildungssystem, das diese Stärken konsequent in Wettbewerbsfähigkeit übersetze. „Deutschlands große Stärke – exzellente Produkte und gut ausgebildete Fachkräfte – darf nicht durch Strukturträgheit verspielt werden.“ Bürokratische Hürden, mangelnde Flexibilität und fehlende Willkommenskultur erschweren gegenwärtig den Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland.

Reformstau in Verwaltung und Infrastruktur

Handlungsbedarf sehen die Führungskräfte vor allem bei Verwaltung, Genehmigungsverfahren und politischer Planungssicherheit. An erster Stelle steht der Abbau von Bürokratie, den mehr als 70 Prozent der Befragten fordern. Auch der Ausbau der Infrastruktur, verlässliche politische Rahmenbedingungen und niedrigere Energiekosten sind wichtige Anliegen. „Deutschland braucht eine mutige Entfesselung der Wirtschaft“, erklärt der Vorstandsvorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Prof. Karl-Heinz Paqué. „Die Politik sollte sich weniger in unternehmerische Entscheidungen einmischen und stattdessen stabile Rahmenbedingungen schaffen, die unternehmerisches Handeln fördern. Weniger Detailsteuerung, mehr Vertrauen in Markt und Menschen, das ist der Schlüssel für neuen wirtschaftlichen Aufbruch.“

Digitale Transformation: Zuversicht trotz Hürden

Trotz der Kritik an politischen Rahmenbedingungen blicken die Führungskräfte optimistisch auf ihre Unternehmen. So wird beispielsweise die digitale Reife der Betriebe überwiegend positiv bewertet. Mehr als die Hälfte der Befragten gibt an, Künstliche Intelligenz bereits einzusetzen, vor allem zur Automatisierung und Prozessoptimierung.

Eigenverantwortung trotz schwieriger Bedingungen

Eine klare Mehrheit der Führungskräfte fühlt sich zudem in der Lage, im eigenen Team motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen. Auch die Zufriedenheit mit dem eigenen Unternehmen ist überwiegend gut. Doch bei der allgemeinen Zufriedenheit mit den Rahmenbedingungen für Arbeit in Deutschland herrscht Nachholbedarf: Die Note „befriedigend“ dominiert. Das Potenzial für mehr Motivation und Produktivität sei vorhanden, es brauche jedoch Nachbesserung bei den Rahmenbedingungen.

Appell an die Politik: Mehr Spielräume für die Zukunft!

Die Studie zeigt Deutschlands Stärken: funktionierende Institutionen und hohe Lebensqualität, aber genauso auch deutliche politische Versäumnisse, welche die Wettbewerbsfähigkeit gefährden. Die Botschaft der Führungskräfte ist klar: Weniger Hürden, mehr Gestaltungsspielraum für Innovation, Investitionen und Fachkräfteanwerbung. „Es ist Zeit, dass die Politik aufhört, Unternehmen mit ständig neuen Auflagen zu belasten, und stattdessen beginnt, das Vertrauen in die Gestaltungskraft und Zukunftsfähigkeit der Beschäftigten zu stärken“, betont ULA-Präsident Roland Angst.

Die Umfrage ist nicht nur ein Stimmungsbarometer, sondern auch ein Weckruf an die Bundesregierung, in der laufenden Legislaturperiode Vertrauen zurückzugewinnen und entschlossen Reformen voranzutreiben.

In den kommenden Wochen werden die Ergebnisse in verschiedenen Dialogveranstaltungen diskutiert. Alle Hinweise dazu finden sich im ULA-Newsletter und auf der ULA-Website.

Freiheit braucht Führung

Dr. Martin von Broock ist Vorsitzender des Vorstands am Wittenberg-Zentrum für Globale Ethik (WZGE). Hier ist er auf dem Deutschen Führungskräftetag 2025 in Berlin zu sehen.
Dr. Martin von Broock ist Vorsitzender des Vorstands am Wittenberg-Zentrum für Globale Ethik (WZGE). 2025 gehörte das Mitglied im Stakeholderkreis der Initiative Chemie³ zu den Vortragsrednern auf dem Deutschen Führungskräftetag in Berlin. Foto: Jens Schicke – ULA

Demokratie verteidigt ihre Erzählungen

Gastbeitrag von Dr. Martin von Broock, Wittenberg-Zentrum für Globale Ethik

Nach dem Regierungswechsel ist die Debatte über die Resilienz unserer Demokratie abgeflaut. Die politische Agenda wird vor allem von Wirtschaft, Energie, Finanzen und Sicherheit bestimmt. Doch schnelle Erfolge sind kaum zu erwarten. Die Formel „mehr Lösungen, weniger Polarisierung“ erfüllt sich kurzfristig nicht. Gleichzeitig rücken die Landtagswahlen 2026 näher – mit besorgniserregenden Prognosen.

Die Frage kehrt zurück: Wie gehen wir mit Populisten und Extremisten um? Fünf Strategien stehen im Raum: Verbote durch den Rechtsstaat, Abgrenzung durch Brandmauern, Ignorieren im Vertrauen auf die Stärke der Demokratie, Marginalisieren durch bessere Politik, Zusammenarbeit in begrenzten Formen. Jede dieser Strategien setzt aber voraus, dass die freiheitliche Grundordnung intakt bleibt. Und genau hier liegt die eigentliche Achillesferse.

Demokratie braucht Erzählungen

Der Historiker Yuval Harari zeichnet unsere Zivilisation so nach: Menschen können in großen Gruppen zusammenarbeiten, weil sie gemeinsame Erzählungen teilen. Auf diesen Erzählungen bauen Ordnungen und Vertrauen auf. Im Grundgesetz ist es die Erzählung der Menschenwürde, die allen Regeln und Verfahren vorausgeht. Nicht die Ordnung erzeugt also die Erzählung – die Erzählung prägt die Ordnung. Daraus folgt: Demokratien brechen nicht zuerst an schwachen Regeln. Sie brechen, wenn ihre Erzählungen nicht mehr akzeptiert werden.

Wie Demokratien sterben

Das zeigen die Politikwissenschaftler Steven Levitsky und Daniel Ziblatt in ihrer Studie „Wie Demokratien sterben“ mit einem wiederkehrenden Muster. Angreifer der Demokratie stellen Gegner nicht mit Argumenten, sondern mit Erzählungen kalt. Erst erklären sie andere Parteien, Medien oder Gruppen zu Feinden und sprechen ihnen die Legitimation ab. Mit Verweis auf eine angebliche Bedrohungslage diskreditieren sie dann Institutionen und Verfahren. So kippt der politische Wettbewerb: Konkurrenz wird durch Feindschaft ersetzt. Kooperation wird unmöglich. Kompromisse gelten als Verrat. Wer dann „Sieg oder Untergang“ predigt, kann Schritt für Schritt Freiheitsrechte abbauen – und zugleich Zustimmung gewinnen.

Die Gegner der Demokratie setzen also gerade nicht auf offenen Rechtsbruch und Revolution. Stattdessen missbrauchen sie die Freiheiten der Demokratie, um deren geistige Grundlagen zu untergraben.

Das Spielfeld sichern

Viele hoffen, dass Demokratien sich am besten verteidigen, indem sie Probleme schnell und wirksam lösen. Aber: Ohne Kompromiss- und Kooperationsbereitschaft kann Politik kaum tragfähige Lösungen hervorbringen. Erst die gemeinsame Erzählung vom „Spiel auf demselben Spielfeld“ mit einem manchmal harten, aber stets würdevollen Wettbewerb macht es möglich, dass die Mitspieler Gegner im Wettbewerb bleiben, anstatt Feinde zu werden. Unter Gegnern können gemeinsame Lösungen trotz fundamentaler Interessengegensätze gelingen. Unter Feindschaft scheitern dagegen qualifizierte Mehrheiten in Parlamenten, sozialpartnerschaftliche Vereinbarungen oder effektives Krisenmanagement.

Wer die Demokratie schützen will, muss also nicht nur den Wettstreit auf dem Spielfeld organisieren. Er muss das Spielfeld selbst sichern – gegen alle, die es angreifen.

Führungskräfte als Erzähler

Erzählungen existieren nicht von selbst. Sie brauchen Erzähler. In Demokratien tragen Führungskräfte aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft diese Verantwortung. Ihre Haltung entscheidet: Bleiben sie bei Respekt, Regeltreue und Kooperation? Oder passen sie sich Verachtung, Radikalität und Ausbeutung an? Mit ihren Worten können Führungskräfte die Ideen der Demokratie verteidigen – oder sie verraten. Mit ihrem Verhalten können sie Vertrauen stärken – oder zerstören.

Demokratie lebt nicht nur von Wahlen und Verfahren. Sie lebt auch von Vorbildern, die im Streit klar bleiben, aber Grenzen respektieren. Und sich in dieser Haltung auch nicht von erstarkenden Angreifern irritieren lassen.

Die Lehre der Geschichte

Ein Blick zurück zeigt die Wirkmächtigkeit solcher Führung. Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg, ausgelöst durch „Verführung“ mit Feindbildern. Der Frieden kam nicht durch Verträge allein, sondern vor allem durch eine neue Erzählung: die Vision eines geeinten Europas. Führende wagten den Schritt von Feindschaft zur Kooperation. Aus Annäherung wurde Zusammenarbeit, aus der Wirtschaftsgemeinschaft die politische Union.

Heute stehen wir vor einer ähnlichen Herausforderung. Nationalismus, Misstrauen und Polarisierung gewinnen wieder Kraft. Umso wichtiger ist es, die demokratische und europäische Erzählung zu erneuern und an gescheiterte Alternativen zu erinnern – entschlossen, klar und für alle verständlich.

Neues aus dem Arbeitsrecht

VAA-Jurist Stefan Ladeburg ist Stellvertretender Hauptgeschäftsführer des VAA und Leiter des VAA-Büros Berlin.
VAA-Jurist Stefan Ladeburg ist Stellvertretender Hauptgeschäftsführer des VAA und Leiter des VAA-Büros Berlin. Foto: Silke Steinraths Photography – VAA

Arbeitszeiterfassung für Führungskräfte: Vertrauen oder Pflicht?

Seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Mai 2019 müssen Arbeitgeber in Deutschland die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten verlässlich, objektiv und zugänglich erfassen. Gilt dies auch für die leitenden Angestellten? Diese Frage beschäftigt Unternehmen und Führungskräfte gleichermaßen. Bisher waren Leitende weitgehend von der Pflicht zur Zeiterfassung ausgenommen. Doch neue Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts und geplante gesetzliche Anpassungen rücken das Thema wieder in den Fokus.

„Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass eine Vertrauensarbeitszeit, wie sie für Führungskräfte üblich ist, ohne Zeiterfassung im Einklang mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie möglich bleiben soll“, erklärt VAA-Jurist Stefan Ladeburg. „Was dieses genau bedeutet, bleibt abzuwarten.“ Der Stellvertretende Hauptgeschäftsführer des VAA und Leiter des VAA-Büros Berlin erinnert daran, dass leitende Angestellte in der Vergangenheit komplett von sämtlichen Regelungen, einschließlich der Erfassung, ausgenommen waren. Mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13. September 2022 wurde jedoch die Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung im Arbeitsschutzgesetz verankert. „Das Arbeitsschutzgesetz sieht insoweit keine Herausnahme von Arbeitnehmergruppen wie leitenden Angestellten vor.“

Gleichzeitig deutet der Koalitionsvertrag darauf hin, dass leitende Angestellte weiterhin von der Arbeitszeiterfassungspflicht ausgenommen bleiben könnten. „Es bleibt zu hoffen, dass bei einer nunmehr anstehenden gesetzlichen Regelung zur Verpflichtung der Arbeitszeiterfassung diese im Arbeitszeitgesetz erfolgt und dort leitende Angestellte weiterhin ausgenommen werden und auch die Möglichkeit der Vertrauensarbeitszeit für weitere Arbeitnehmergruppen geschaffen wird“, erläutert Ladeburg.

Individuelle Vereinbarungen bleiben möglich

Auch über individuelle Absprachen zwischen Arbeitgebern und Führungskräften gibt es Spielraum: „Zumindest auf der Website des BMAS wird darauf verwiesen, dass zwar eine Erfassung der Arbeitszeit notwendig ist, diese jedoch vom Arbeitgeber auf die Arbeitnehmer delegiert werden kann“, so Ladeburg. Der Arbeitgeber sei hierbei lediglich verpflichtet, die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorgaben des Arbeitsschutzes sicherzustellen. „Insoweit können Arbeitgeber weiterhin mit Arbeitnehmern Vertrauensarbeitszeit vereinbaren und die Arbeitszeiterfassung dem Arbeitnehmer überlassen. Wichtig ist, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden bei Bedarf Zugriff auf die Arbeitszeiterfassung der Arbeitnehmer erhalten.“

Keine automatische Überstundenvergütung

Führt die Arbeitszeiterfassung automatisch zu einem Anspruch auf Ausgleich von Überstunden? Ladeburg macht klar: „Eine Arbeitszeiterfassung erfolgt allein aus Gründen des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten. Hierbei geht es nicht um die Sicherstellung einer Vergütung: Führungskräfte erhalten in der Regel eine tätigkeitsbezogene Vergütung, die oberhalb der Beitragsbemessungsgrenzen liegt.“ Das Bundesarbeitsgericht habe klargestellt, dass bei hoher Vergütung kein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung in einem vertretbaren Umfang bestehe. „Lediglich bei einem extremen Missverhältnis von Vergütung und Anteil der Mehrarbeit kann sich dies dahin ändern, dass bei dem Arbeitnehmer gemäß Bundesarbeitsgericht eine Erwartung auf Vergütung der Mehrarbeit entstehen kann“, erläutert Ladeburg.

Wöchentliche statt tägliche Höchstarbeitszeit

Der Koalitionsvertrag sieht vor, die tägliche Höchstarbeitszeit zugunsten einer wöchentlichen Regelung zu ersetzen – mit dem Ziel, mehr Flexibilität und bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu schaffen. Ladeburg kommentiert: „Der VAA kann sich einen Wechsel von einer Regelung der täglichen Höchstarbeitszeit zu einer Wochenarbeitszeit vorstellen. Wichtig ist jedoch, dass weiterhin im Rahmen der medizinischen Erkenntnisse keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei den Arbeitnehmern eintreten. Dies wäre beispielsweise bei einer durchgehenden Arbeitszeit von deutlich mehr als zwölf Stunden der Fall.“

Für Vertrauensarbeitszeit sei es Ladeburg zufolge entscheidend, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer frei entscheiden können: Nach Zeiten mit besonderer Belastung und einem hohen Arbeitszeitaufkommen sollten sie beispielsweise auch mal einige Tage „frei“ nehmen, um Zeit mit der Familie zu verbringen.

Unternehmen, die ein solches Verhalten nicht akzeptieren und im Rahmen von Vertrauensarbeitszeit den Workload der Beschäftigten permanent erhöhen und billigend in Kauf nehmen, dass Beschäftigte mehr und mehr arbeiten, seien für Vertrauensarbeitszeit nicht geeignet: „Für solche Unternehmen plädiert der VAA ganz klar für eine harte Arbeitszeiterfassung“, so Stefan Ladeburg. „Es wäre zu begrüßen, wenn bei einer gesetzlichen Regelung ein Wahlrecht zwischen Vertrauensarbeitszeit oder Arbeitszeiterfassung geschaffen würde, das Beschäftigte flexibel nutzen können, zum Beispiel aufgrund negativer Erfahrungen im Laufe des Arbeitsverhältnisses.“

Vertrauen, Flexibilität und klare Regeln

Die Diskussion um Arbeitszeiterfassung zeigt: Für Führungskräfte geht es nicht nur um rechtliche Vorgaben, sondern auch um Vertrauen, Flexibilität und Gesundheitsschutz. Damit sie ihre Aufgaben effektiv wahrnehmen können, brauchen sie Rahmenbedingungen, die sowohl rechtssicher als auch praxisnah sind.

Von der Politik wird erwartet, klare Regeln zu schaffen, die aufzeigen, wie Arbeitszeiterfassung und Vertrauensarbeitszeit miteinander vereinbar sind. Unternehmen wiederum sollten Strukturen und eine Unternehmenskultur etablieren, die echte Vertrauensarbeitszeit ermöglicht, Überlastung verhindert und gleichzeitig die gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Nur so können Führungskräfte ihre Arbeitszeit flexibel gestalten und gleichzeitig verantwortungsvoll und leistungsfähig bleiben.

Weiterbildung

Symbolbild zur Seminarsituation
Foto: Jacob Lund – Shutterstock

Aktuelle Seminare des FKI

Für Fach- und Führungskräfte bietet das Führungskräfte Institut (FKI) zahlreiche maßgeschneiderte Weiterbildungsseminare an – zu exklusiven Sonderkonditionen für VAA-Mitglieder und Mitglieder von Mitgliedsverbänden der ULA. Hier wird eine kleine Auswahl vorgestellt. Informationen zu weiteren Präsenz- und Onlineseminaren sowie zur Anmeldung gibt es auf www.fki-online.de.

Digital arbeiten: persönliche Effizienz erhöhen
7. Oktober 2025 – Webseminar – drei Stunden
Welche Tools gibt es, um von den Fortschritten der digitalen Transformation zu profitieren, und wie kann man sie zur effizienten, wertschätzenden Kollaboration und Kommunikation einsetzen? Prof. Markus Balkenhol vermittelt Inhalte, die direkt in der täglichen Arbeit umsetzbar sind.

Beruf, Familie und Freunde: Lebensbereiche erfolgreich vereinen
10. November 2025 – Webseminar – anderthalb Stunden

Ob berufliche Performance, Sport, Hobbys oder Zeit für sich und die Familie: Wie schafft man es, alle Lebensbereiche erfolgreich zu vereinen? In diesem Webseminarpaket zeigt Vortragsredner, Autor und Management Coach Zach Davis auf, wie sinnvolle und erfolgreiches Zeitmanagement im Arbeitsalltag funktioniert.

Sprecherausschusskonferenz 2025: Erfolgreich mitwirken! 
20. – 21. November 2025 – Präsenzveranstaltung – Köln

Wie lassen sich berufliche Krisen meistern? Steht Mitwirkung in einem Gegensatz zur Mitbestimmung? Kann KI bei der Sprecherausschussarbeit helfen? Wie funktionieren Sprecherausschusswahlen? Antworten auf diese und weitere Fragen gibt es auf der Sprecherausschusskonferenz des VAA. Informationen zu Kosten und zur Anmeldung gibt es per E-Mail an gabriele.hochsattel@remove-this.vaa.de.

Durchführung von Sprecherausschusswahlen
2. Dezember 2025 – Webseminar – zweieinhalb Stunden

2026 finden parallel zu den Betriebsratswahlen auch die Wahlen zu den Sprecherausschüssen der leitenden Angestellten statt. Das Seminar richtet sich an die Verantwortlichen für die Durchführung der Wahlen. VAA-Jurist Christian Lange und der langjährige Bayer-Sprecherausschussvorsitzende Dr. Thomas Elsner eräutern den komplexen Wahlprozess Schritt für Schritt. 

Gedächtnistraining: Namen merken & Co.
8. Dezember 2025 – Webseminar – anderthalb Stunden

Wer kennt es nicht: Man erkennt eine Person wieder, aber hat ihren Namen vergessen. In diesem Seminar erläutert Vortragsredner, Autor und Management Coach Zach Davis, wie Fach- und Führungskräfte ihre Gedächtnisleistung mit einem relativ geringen Aufwand erheblich verbessern können.

Vorschau der ULA-Termine

Der Deutsche Führungskräfteverband ULA führt regelmäßig Veranstaltungen zu verschiedenen Themen aus Politik, Wirtschaft und Arbeit durch, die für Führungskräfte und alle Mitglieder der ULA-Verbände relevant sind.

ULA-Führungskräfte-Dialog: „Gesellschaftliche Resilienz – der Operationsplan Deutschland“
mit Generalleutnant André Bodemann

Datum: 7. Oktober 2025
Uhrzeit: 17:00 bis 18:00 Uhr
Ort: digital

ULA-Führungskräfte-Dialog: Psychologie der Macht – was Führungskräfte über die Wirkung von Macht wissen sollten
Datum: 27. November 2025
Uhrzeit: 17:00 bis 18:00 Uhr
Ort: digital

Save-the-Date: Deutscher Führungskräftetag 2026
Datum: 20. Mai 2026
Uhrzeit: 09:00 bis 22:00 Uhr
Ort: Berlin

Alle Informationen zu den Veranstaltungen und zur Anmeldung sind unter www.ula.de zu finden.

Erweitertes Informationsangebot
Alle vier bis sechs Wochen informiert die ULA aktuell und umfassend über die politischen Arbeitsschwerpunkte in Berlin und Brüssel, die neuesten Trends im Bereich Führung sowie bevorstehende Veranstaltungen. Hierzu können die ULA Nachrichten – in Ergänzung zur gedruckten Fassung – auch kostenfrei als Newsletter bezogen werden. Die Registrierung erfolgt einfach und bequem online unter www.ula.de/news/ula-nachrichten.