ULA Nachrichten

Kommentar von Roland Angst

Das waren die langerwarteten Bilder: der frisch gewählte Bundeskanzler Friedrich Merz gemeinsam mit Emmanuel Macron, Donald Tusk und Keir Starmer bei Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew. Bei mir bewirkten diese Aufnahmen ein Aufatmen und vermittelten Hoffnung. Zu lange hat Deutschland seinen Platz in Europa nicht eingenommen. Zu lange hat das Land seine europäischen Nachbarn warten lassen. Allein dieses Comeback ist – auch wenn ein baldiger Frieden zwischen Russland und der Ukraine ungewiss bleibt – ein wichtiges Signal, auch nach innen: für die wirtschaftlich angeschlagene Lage in Deutschland, die unter drei Jahren schwacher Regierungsführung und monatelanger Handlungsunfähigkeit gelitten hat. 

Die Botschaft lautet: Wir können uns aus der selbstbereiteten Krise in Partnerschaft mit unseren Handelspartnern und Nachbarn befreien. Wir können dem Narrativ, dass wir wirtschaftlich zum Abstieg verurteilt sind, die Vision eines starken, einigen und wirtschaftlich prosperierenden Europas entgegensetzen. Wir können der Verächtlichmachung der Extremisten ein Deutschland entgegenhalten, das seine Verantwortung in einer schwierigen Weltlage wahrnimmt: indem es überfordernde Migration in berechenbare Bahnen lenkt, indem alle Europäer die Lasten teilen, indem Schleuserbanden das Handwerk gelegt wird und indem für rechtmäßige Ankömmlinge mehr für eine erfolgreiche Integration getan wird. Gleichzeitig werden auch die Anforderungen an Mitwirkung und Anpassung der künftigen Mitbürgerinnen und Mitbürger in fairem Maße erhöht – immer mit dem Ziel einer vielfältigen und auf dem Boden des Grundgesetzes verankerten offenen Gesellschaft. Dann können auch die Grenzen grundsätzlich offenbleiben, denn das ist eine wesentliche Voraussetzung für eine prosperierende Wirtschaft! 

Ich halte weitere schnelle und sichtbare Kurskorrekturen durch die neue Bundesregierung für unverzichtbar, um diese Wende hin zu einer optimistischeren Grundhaltung aller Bürgerinnen und Bürger zu verstärken und für den von allen ersehnten wirtschaftlichen Aufschwung zu nutzen. Wenn weitere Signale zum Aufatmen kommen, kann die Renaissance einer starken politischen Mitte im Deutschen Bundestag gelingen. Vergessen wird dann ein schiefgelaufener erster Wahlgang bei der Bundeskanzlerwahl sein. Und die aktuelle Umfragestärke der Ränder wird sich als Gastspiel erweisen. Damit diese Vision wahr wird, sollten alle mitmachen: Erfolge loben, Rückschläge nicht dramatisieren und den eigenen Teams mit Optimismus Orientierung und Zuversicht geben.

Roland Angst ist Präsident des Deutschen Führungskräfteverbandes ULA. Foto: Deutsche Telekom

ULA Intern

Impulse bei ULA-Dialogen

 

Mit zwei Veranstaltungen hat die ULA zentrale Zukunftsthemen für Führungskräfte in den Fokus gerückt.

Kommunikation für erfolgreiche Transformation

Veränderung ist das neue Normal – und Kommunikation der entscheidende Hebel. Beim digitalen Führungskräfte-Dialog „Kommunikation als Schlüssel für erfolgreiche Transformation“ Anfang April mit Axel Kühn, Geschäftsführer von Fellows & Sparks, wurde deutlich: Führungskräfte sollten Orientierung geben, Entscheidungen verständlich vermitteln und Veränderungen greifbar machen. Nur wer systematisch, konsistent und glaubwürdig kommuniziere, schaffe die Basis für Veränderungsbereitschaft. Die Aufzeichnung des Vortrags ist jetzt auf dem YouTube-Kanal der ULA verfügbar.

ULA-Politik-Dialog mit Andrea Wechsler

Im jüngsten ULA-Politik-Dialog hat Prof. Andrea Wechsler, Mitglied im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie des Europäischen Parlaments, Einblicke in zentrale industrie- und energiepolitische Weichenstellungen auf EU-Ebene gegeben. Im Mittelpunkt standen unter anderem die Umsetzung des Green Deals, der Ausbau strategischer Technologien und die Stärkung europäischer Wettbewerbsfähigkeit. Dabei betonte das Mitglied der EVP-Fraktion auch die Bedeutung wirtschaftlicher Souveränität Europas – etwa durch resilientere Lieferketten und gezielte Investitionen in Schlüsselindustrien. Mit Blick auf den Industriestandort Deutschland sprach Wechsler über die Notwendigkeit verlässlicher Rahmenbedingungen für Innovation, Planungssicherheit und Investitionen. Wer keine Veranstaltung mehr verpassen möchte, kann den Newsletter der ULA abonnieren!

Koalitionsvertrag unter der Lupe

Rückenwind für Fach- und Führungskräfte?

Deutschland hat eine neue Regierung: Mit dem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD liegt ein ambitioniertes Arbeitsprogramm für die kommenden Jahre vor. In Zeiten geopolitischer Unsicherheit und wirtschaftlicher Herausforderungen ist es ein wichtiges Signal, dass eine Regierung der demokratischen Mitte Verantwortung übernimmt und die politische Handlungsfähigkeit sichert. Gerade für Fach- und Führungskräfte ist das entscheidend. Wer Verantwortung trägt und Leistung erbringt, braucht Stabilität und Planbarkeit. Der Koalitionsvertrag setzt auf pragmatische Schritte, vermeidet jedoch vielerorts grundlegende Entscheidungen. Ob dies für eine echte Erneuerung reicht, wird sich zeigen.

Die industriepolitischen Kapitel sind solide aufgestellt: Ein Deutschlandfonds zur Mobilisierung von bis zu 100 Milliarden Euro privatem Kapital, Investitionen in Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz, Wasserstoff, Biotech und Mikrochips sowie der Abbau von Genehmigungshürden geben der Wirtschaft Perspektive.

Erfreulich ist auch das Thema Moderne Arbeitswelt. Die geplante Entbürokratisierung der Arbeitszeiterfassung – unter Wahrung der Vertrauensarbeitszeit – kann praxisnah umgesetzt Chancen eröffnen. Die steuerliche Förderung von Mehrarbeit über die tarifliche Arbeitszeit hinaus sendet das Signal: Wer mehr leistet, soll auch mehr behalten dürfen. Die steuerfreie Weiterbeschäftigung im Ruhestand setzt sinnvolle Anreize, um wertvolle Erfahrung im Betrieb zu halten – ein wichtiger Schritt angesichts des Fachkräftemangels.

Weniger überzeugend ist dagegen das Rentenkapitel. Das Rentenniveau von 48 Prozent wird bis 2031 gesetzlich garantiert, das Renteneintrittsalter bleibt unangetastet. Zwar kommen neue Modelle wie die Frühstart-Rente, doch echte Reformen zur langfristigen Finanzierung fehlen. Stattdessen setzt der Vertrag auf ein Versprechen von Stabilität, ohne die Konsequenzen ausreichend zu reflektieren. Denn wenn Renten unabhängig von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung garantiert steigen, geraten gerade junge Erwerbstätige unter Druck.

Auch in den sonstigen Bereichen der Sozialpolitik bleibt der Vertrag hinter den Erwartungen zurück. Reformen zur Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme werden vertagt, zentrale Fragen in Kommissionen ausgelagert. Dabei warnen Experten bereits, dass die Beiträge zur Sozialversicherung bis 2035 auf über 50 Prozent steigen könnten – mit spürbaren Folgen für Arbeitskosten und Wettbewerbsfähigkeit.

Während in der Industrie- und Energiepolitik viele wichtige Schwerpunkte gesetzt werden, bleiben die Vereinbarungen zum Klimaschutz schwach. Ein schlüssiger Plan zur Erreichung der Pariser Klimaziele fehlt. Das ist nicht nur klimapolitisch fragwürdig, sondern birgt auch wirtschaftliche Risiken – etwa durch regulatorische Unsicherheiten. 

Das Bekenntnis zu Leitbranchen wie der Automobil- und Chemie- sowie Pharmaindustrie ist zu begrüßen; es sollten aber auch die Weichen zur Verbesserung der allgemeinen Rahmenbedingungen gestellt werden. Bürokratieabbau, Digitalisierung, Infrastrukturmodernisierung und die Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung sind richtige Schritte.

Der Vertrag setzt vielfach auf Realismus statt Ideologie und auf Investitionen statt Rückzug – ein pragmatischer Gestaltungsansatz. Doch in zentralen Zukunftsfragen bleibt er vage. Steuererhöhungen soll es zwar nicht geben, doch der Solidaritätszuschlag bleibt – ein enttäuschendes Signal für viele Leistungsträger.

Ob der angekündigte Aufbruch gelingt, hängt von konkreten Reformen und ihrer Finanzierung ab. Vieles steht bislang unter Finanzierungsvorbehalt: Die SPD zeigt wenig Sparbereitschaft, die CSU hat zusätzliche Ausgaben durchgesetzt, etwa die Mütterrente. Ob die Koalition Kurs halten kann, wird sich zeigen – vor allem, wenn finanzielle Spielräume enger werden. 

„Die neue Bundesregierung übernimmt Verantwortung in einer Zeit des Wandels, die von globalen Unsicherheiten, dem rasanten Fortschreiten der technologischen Transformation und einem steigenden Wettbewerbsdruck geprägt ist. Wir stehen an einem Wendepunkt, um unser Land wieder auf einen erfolgreichen Wachstumskurs zu führen.“ Roland Angst, Präsident des Deutschen Führungskräfteverbands ULA.

Stephan Gilow, Hauptgeschäftsführer des VAA:

„Was uns als Vertretung der Fach- und Führungskräfte in Chemie und Pharma freut, ist das Tempo, mit dem Union und SPD ihren Koalitionsvertrag ausgehandelt haben. Auch scheint die neue Regierung die Bedeutung der Industrie für den Wohlstand erkannt zu haben. Das ist richtig – und längst überfällig. Licht und Schatten sind jedoch nah beieinander. Und Papier ist geduldig – was wir jetzt brauchen, ist Konsequenz in der Umsetzung. Denn unsere Unternehmen haben mit der Krise zu kämpfen. Es geht um zu hohe Energiekosten, Unsicherheit bei der Zukunftsplanung und drohende Abwanderung – die Beschäftigten in den Betrieben vor Ort spüren es tagtäglich am eigenen Leib. Die Koalition hat zu liefern: Es geht um die industrielle Substanz und ums Vertrauen in unser Land.“

Uta Zech, Leiterin der Equal-Pay-Day-Kampagne:

„Der Koalitionsvertrag erklärt die ‚tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft und deren Durchsetzung‘ zum zentralen Anliegen der Regierungsarbeit. Wie ernst die neue Regierung das meint, zeigt die Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie in deutsches Recht. Dazu soll laut Koalitionsvertrag eine Kommission eingesetzt werden, die bis Ende 2025 Vorschläge macht. Auch wenn danach ein ‚entsprechendes Gesetzgebungsverfahren zügig eingeleitet‘ wird, ist eine Umsetzung bis zum Juni 2026 kaum zu schaffen. Es existiert bereits ein durchdachter Gesetzentwurf der letzten Regierung, inklusive digitaler Tools für Unternehmen. Diesen Entwurf umzusetzen, würde Gleichstellung vorwärtsbringen und Frauen nicht länger auf ihren verdienten Lohn warten lassen.“

Dr. Andreas Pinheiro, Präsident der 
Vereinigung Cockpit (VC):

„Der Koalitionsvertrag enthält richtige Ansätze für einen wettbewerbsfähigen Luftverkehrsstandort Deutschland, insbesondere mit Blick auf Steuer- und Gebührenentlastungen sowie die Förderung nachhaltiger Kraftstoffe. Als hochqualifizierte Fachkräfte tragen Pilotinnen und Piloten täglich Verantwortung für die Sicherheit im Luftverkehr. Dieser Einsatz darf nicht durch immer höhere Steuern und Abgaben belastet werden. Entscheidend ist jedoch: Entlastungen müssen an verbindliche soziale Bedingungen geknüpft sein. Was fehlt, ist ein klarer Plan gegen Sozialdumping und Tarifflucht in der Luftfahrt. Die Vereinigung Cockpit (VC) fordert einen Dreiklang für die Zukunft des Luftverkehrsstandortes: Es braucht neben fairen Wettbewerbsbedingungen, tariflich abgesicherte Arbeitsplätze und eine Stärkung gewerkschaftlicher Rechte – damit das Erreichen von ökologischen und wirtschaftlichen Zielen nicht zu Lasten der Beschäftigten geht.“

Willi Rugen, Präsident des Bundesverbands Deutscher Volks- und Betriebswirte (bdvb):

„Der bdvb begrüßt die geplanten Investitionsanreize durch Abschreibungen, welche die Investitionen fördern und die Wirtschaft stärken werden. Der Abbau der Bürokratie und die Digitalisierung der Verwaltung sind für uns ebenfalls positive Voraussetzungen für mehr Effizienz und Transparenz, die zur Entlastung der Wirtschaft beitragen werden. Dies wird nicht nur die Unternehmensgründung fördern, sondern auch das Fachkräfteangebot. Die erfolgreiche Umsetzung der Digitalisierungs- und Bürokratieabbauziele stellt aber auch eine erhebliche Herausforderung dar. Konsequentes Management ist daher notwendig, um die versprochenen Effekte zu erzielen. Als Bundesverband Deutscher Volks- und Betriebswirte hoffen wir auf eine bewusste und erfolgreiche Umsetzung der Ziele im neuen Koalitionsvertrag.“

Dr. Michael Weber, Präsident des Verbands leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte (VLK):

„Der neue Koalitionsvertrag enthält mit seinen acht Seiten zur Gesundheitspolitik wichtige Impulse für die dringend notwendige Neuausrichtung unseres Gesundheitssystems. Die im Koalitionsvertrag vorgesehene Beteiligung des Bundes am Transformationsfonds ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer zukunftsfesten Krankenhauslandschaft. Sie zeigt den politischen Willen zur Mitgestaltung des Umbaus. Jetzt gilt es, diesen Willen auch in konkrete Maßnahmen zu überführen – mit Planbarkeit und einer nachhaltigen Finanzierungsperspektive für die Krankenhäuser. Der VLK erwartet von der neuen Bundesregierung entschlossenes Handeln: Reformen müssen umgesetzt, nicht erneut vertagt werden. Kommissionen dürfen kein Ersatz für politische Entscheidungen sein. Wir brauchen endlich greifbare Veränderungen, die den Versorgungsalltag verbessern und Planungssicherheit für die Kliniken schaffen.“

Gerhard Kronisch, Geschäftsführer des Verbands Fach- und Führungskräfte (VFF):

„Wir brauchen die Onlinewahlen, aber nicht nur bei den Betriebsratswahlen, sondern auch bei den Sprecherausschusswahlen. Gerade für leitende Angestellte, die viel unterwegs und oft an mehreren Standorten im Einsatz sind, ist die Urnenwahl ein Problem. Und die Briefwahl ist keine echte Alternative. Sie kostet viel Geld und verschlingt große Zeitressourcen. Auch beim jüngsten Anlauf im Koalitionsvertrag hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Leitenden wieder einmal vergessen. Obwohl die ULA sich intensiv dafür eingesetzt hat, den Weg für Onlinewahlen ab 2026 auch für Sprecherausschüsse freizumachen. Onlinewahlen verringern den administrativen Aufwand, steigern die Wahlbeteiligung und stärken dadurch die Legitimität der gewählten Gremien. Die nächste Chance für eine Reform kommt erst im Jahr 2030. Es bleibt zu hoffen, dass die Politik jetzt aktiv wird.“

Kenan Häberle, Geschäftsführer des Bundesverbands der Bilanzbuchhalter und Controller (BVBC):

„Fachkräftesicherung braucht mehr als Appelle – sie braucht Vertrauen in Kompetenz und die entsprechenden Handlungsspielräume. Der Koalitionsvertrag setzt wichtige Impulse. Doch Transformation gelingt nur, wenn wir Qualifikation über Formalien stellen und Kompetenzen nicht verwalten, sondern nutzen. Dabei benötigen Führungskräfte ein Umfeld, in dem Fähigkeiten zählen – nicht Titel. Selbstständige Bilanzbuchhalterinnen und Bilanzbuchhalter zeigen exemplarisch, welches Potenzial brachliegt, wenn fachliche Leistung nicht konsequent anerkannt wird. Der BVBC steht für ein Berufsrecht, das wirtschaftliche Realität und Verantwortung endlich zusammenführt.“

Frank Sarfeld, Stellvertretender Vorsitzender des Völklinger Kreises (VK):

„‚Braucht ihr eigentlich noch diese Christopher Street Days?‘, fragte mich kürzlich der Vorstand eines DAX-Konzerns. ‚Du bist doch jetzt mit einem Mann verheiratet.‘ Fakt ist: LGBTQIA-Menschen sind nach wie vor nicht komplett gleichgestellt. Auf die Regierung und die sie tragenden Parteien kommt viel Arbeit zu: So muss Artikel 3 Grundgesetz um einen expliziten Schutz von LGBTQIA-Menschen ergänzt und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz reformiert werden, Regenbogenfamilien im Abstammungsrecht gleichgestellt, vorhandene Lücken im Konversionsschutzgesetz geschlossen werden, um nur einige der Themen zu nennen. Dies ist umso wichtiger, als auch deutsche Konzerne bereitwillig auf den Zug des von Donald Trump gestarteten gesellschaftlichen Rollback aufspringen und ihre DIE-Programme (Diversity, Inclusion, Equality) massiv zurückfahren. Nicht nur in Zeiten des Arbeitskräftemangels ein großer Fehler, wie eine Studie der NRW-Landesregierung zeigt: LGBTQIA-Menschen werden im Job auch in KMU weiter diskriminiert. ‚Ihr hat doch schon alles erreicht‘, sagte der Vorstand. Nein! Es gibt noch viel zu tun. Das weiß auch die neue Bundesregierung.“

Wirtschaftspolitik: Zeitenwende in den transatlantischen Beziehungen?

Von Simone Menne, Präsidentin der AmCham Germany

Die transatlantische Partnerschaft ist international einzigartig. Ihre Stärke resultiert aus den zahlreichen, oft langjährigen Verbindungen auf regionaler, lokaler und persönlicher Ebene in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und jedem anderen gesellschaftlichen Bereich. Diese Verbindungen werden im Kern immer durch Teams und ihre Führungskräfte aufseiten beider Partner getragen. Das beinhaltet gleichermaßen Stolz und Verantwortung.

Die Komplexität der Partnerschaft hat seit der zweiten Amtsübernahme von US-Präsident Donald Trump deutlich zugenommen. Die aktuellen Umbrüche und die damit verbundenen Herausforderungen auf Regierungsebene sind signifikant. Die dort gesetzten Rahmenbedingungen betreffen auf beiden Seiten des Atlantiks direkt oder indirekt wahrscheinlich jedes Unternehmen. Das zeigt sich besonders deutlich in der Handelspolitik und in den bewährten globalen Lieferketten und Netzwerken.
Diese Herausforderungen sind so umfassend, dass manche die transatlantische Partnerschaft mit einer historischen Belastungsprobe konfrontiert sehen und eine tiefgreifende Unabhängigkeit der EU fordern. Ich sehe aber keine Zeitenwende und halte den Begriff im Zusammenhang mit den Vereinigten Staaten für unpassend, da er heute vor allem mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und die Friedensordnung Europas verbunden ist.

In der aktuellen Situation der transatlantischen Partnerschaft gibt es meines Erachtens keinen Zweifel, dass ein stärkeres europäisches Engagement, beispielsweise im Sicherheits- und Verteidigungsbereich, und wirksame Rahmenbedingungen für mehr europäische Wettbewerbsfähigkeit dringend notwendig sind. Die Vernetzung beider Volkswirtschaften muss aber weiterhin wesentliche Säule der transatlantischen Allianz bleiben. Europas Resilienz wird durch diese Partnerschaft stets stärker sein als ohne. Das gilt nach meiner Überzeugung auch umgekehrt. Dafür sollten und müssen Führungskräfte sich gerade jetzt engagiert einsetzen. 

Im transatlantischen Handel steht zurzeit viel auf dem Spiel. Aber sein großer Umfang, die Höhe der gegenseitigen Investitionen und die weit verzweigte Vernetzung der Volkswirtschaften sind stabilisierende Faktoren. So hat der Wert der Importe und Exporte mit unserem größten Handelspartner im vergangenen Jahr 253 Milliarden Euro betragen. Das ist so elementar für Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze in den USA, in Deutschland und in der gesamten EU, dass eine langfristig stabile Verhandlungslösung für die derzeitigen Handelskonflikte so schnell wie möglich geboten ist. 

Die ersten Monate der zweiten Administration von Präsident Trump waren von zahlreichen wirtschaftspolitischen Entscheidungen und ihrer mitunter mehrfachen Modifikation geprägt. Die Unternehmen brauchen für ihre Marktstrategien und Investitionsentscheidungen stabile Rahmenbedingungen nach dem bewährten Prinzip „So viel Politik wie nötig und so viel Markt wie möglich“. Das Vertrauen in dieses Prinzip und in die Beständigkeit politischer Entscheidungen muss wieder hergestellt werden – für Wachstum und Wohlstand sowie letztendlich Stabilität und Sicherheit.

Das gilt auch in Deutschland. Die neue Bundesregierung muss die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit hierzulande zu ihrer politischen Priorität machen und in der EU für eine offenere Handelspolitik die Führung übernehmen. AmCham Germany wird sie darin stets unterstützen und sich für diese Ziele weiterhin mit ganzer Kraft einsetzen.

Foto: Jürgen Mai

Simone Menne ist AmCham Germany-Präsidentin und Keynote-Speakerin auf dem Deutschen Führungskräftetag 2025.

Interview mit Christoph Glaser

Atmen – mehr als nur eine Lebensfunktion?

Wer bewusst atmet, führt besser. Davon ist Christoph Glaser überzeugt: In seinem Buch „Atmen. Der Schlüssel zur erfolgreichen und gesunden Führung“ zeigt der erfahrene Leadership-Trainer, wie eng innere Ruhe, emotionale Intelligenz und erfolgreiche Führung miteinander verbunden sind – und wie Menschen mit einfachen Atemtechniken ihre Präsenz, Klarheit und Resilienz stärken können. Im Interview mit den ULA Nachrichten erklärt Glaser, warum gerade Führungskräfte von atembasierter Achtsamkeit profitieren – und wie sich das im anspruchsvollen Führungsalltag praktisch umsetzen lässt.

ULA Nachrichten: Atmen als Schlüssel zu erfolgreicher Führung – das klingt zunächst überraschend. Wo genau liegt aus Ihrer Sicht die Verbindung zwischen Atmen und Leadership?

Glaser: Gute Führung beginnt mit guter Selbstführung. Wer sich selbst nicht regulieren kann, kann schwer Orientierung geben, empathisch reagieren oder Konflikte konstruktiv lösen. Der Atem ist dabei ein oft unterschätzter Schlüssel: Er beeinflusst unsere Gedanken, Emotionen und körperlichen Reaktionen – und umgekehrt. Ein ruhiger Atem wirkt wie ein innerer Anker. Studien zeigen: 90 Prozent der Top-Performer verfügen über eine hohe emotionale Intelligenz. Und die lässt sich über den Atem trainieren.

Was genau versteht man unter „atembasierter Achtsamkeit“ und wie kann sie Führungskräften ganz konkret im Alltag helfen?

Achtsamkeit bedeutet: präsent sein im Hier und Jetzt. Doch im hektischen Alltag fällt uns das oft schwer. Der Atem ist hier eine Brücke zwischen äußerer Aktivität und innerer Ruhe. Wenn ich meine Atmung bewusst lenke, beruhigt sich das autonome Nervensystem, Stress wird reduziert, die Gedanken werden klarer. Atembasierte Achtsamkeit ist somit ein unmittelbares Werkzeug für mentale Stabilität und Führungsstärke. Genau in dieser Balance zwischen Dynamik und innerer Ruhe kommen wir dem Flow-Zustand näher – und sind, wie eine McKinsey-Studie zeigt, bis zu fünfmal produktiver.

Viele Führungskräfte stehen unter hohem Zeitdruck. Wie viel Zeit braucht es, um mit Atemübungen spürbare Veränderungen zu erzielen?

Jeder einzelne Atemzug wirkt! Schon das Beobachten der Atmung verändert unsere innere Haltung und sogar die Gehirnaktivität. Wer täglich zwölf Minuten übt – etwa mit der „Zwölf-Minuten-Methode“ – kann seine Resilienz und Präsenz nachhaltig steigern. Nach rund 21 Tagen bilden sich neue neuronale Muster – und mit ihnen neue Gewohnheiten.

Sie sprechen auch von der Triple-A-Methode. Was steckt hinter diesem Ansatz und wie lässt er sich in der Führungspraxis anwenden?

Roger Federer sagte einmal: Unser langfristiger Erfolg entscheidet sich nicht an unseren besten, sondern an unseren schwierigsten Tagen. Meiner Erfahrung nach gilt das nicht nur im Sport. Entscheidend ist, auf welches Level wir fallen, wenn wir in Konflikte geraten, unter Stress stehen oder emotional getriggert sind. Triple-A steht für Achtsamkeit – Akzeptanz – Aktion. Erstens: Ich nehme bewusst wahr, was gerade in mir geschieht. Zweitens: Ich lasse zu, was ist, statt dagegen anzukämpfen. Und drittens: Ich handle, zum Beispiel mit einer Atemtechnik oder einer bewussten Pause. Das hilft, selbst in herausfordernden Situationen die beste Version von uns selbst zu bleiben.

Christoph Glaser ist Leadership-Coach, Achtsamkeitstrainer und Autor des Buchs „Atmen. Der Schlüssel zur erfolgreichen und gesunden Führung“.

Foto: Carmen Wong Fisch

Weiterbildung

Foto: Jacob Lund – Shutterstock

Aktuelle Seminare des FKI

Für Fach- und Führungskräfte bietet das Führungskräfte Institut (FKI) zahlreiche maßgeschneiderte Weiterbildungsseminare an – zu exklusiven Sonderkonditionen für VAA-Mitglieder und Mitglieder von Mitgliedsverbänden der ULA. Hier wird eine kleine Auswahl vorgestellt. Informationen zu weiteren Präsenz- und Onlineseminaren sowie zur Anmeldung gibt es auf www.fki-online.de.

Abfindungen effizient gestalten
17. Juni 2025 – Webseminar – zweieinhalb Stunden

Verlassen Beschäftigte und Führungskräfte ihr Unternehmen gegen Zahlung einer Abfindung, können sie durch die richtige Gestaltung hohe Steuerersparnisse erzielen. In diesem Seminar erläutern Rechtsanwalt Gerhard Kronisch, Finanzexpertin Marion Lamberty und Steuerberater Lutz Runte die wichtigsten Grundlagen.

Trotz Störungen und Fremdsteuerung produktiv arbeiten
7. Juli 2025 – Webseminar – anderthalb Stunden

Wie bleibt man in der modernen Arbeitswelt produktiv und schafft es, sowohl die Anzahl der Unterbrechungen zu reduzieren als auch die Fremdsteuerung zu verringern? Top-Speaker und Business-Infotainer Zach Davis gibt Tipps für mehr Effizienz und Produktivität, ohne Unzufriedenheiten bei anderen Menschen zu erzeugen.

Prioritäten setzen und umsetzen
25. August 2025 – Webseminar – anderthalb Stunden
Was sind sinnvolle Prioritätskriterien? Welches sind die größten Fallen, die im Arbeitsalltag immer wieder auftreten? Wie behält man den Überblick über die Vielzahl der Aufgaben? In diesem Seminar erklärt Top-Speaker Zach Davis, wie Fach- und Führungskräfte ihr Denken in Bezug auf Zeit verbessern.

ChatGPT, Copilot, Firefly & Co. – KI effektiv einsetzen
16. September 2025 – Webseminar – zweieinhalb Stunden

Im Bereich der Künstlichen Intelligenz ist die Entwicklung atemberaubend. In Zukunft wird das Arbeitsleben immer stärker von KI-Unterstützung geprägt sein. Welche KI-Tools gibt es und wie setzt man sie ein? In diesem Seminar gibt IT-Experte und Diplomphysiker Guido Stiebitz einen Überblick und stellt die wichtigsten Werkzeuge vor.

Vorschau der ULA-Termine

Der Deutsche Führungskräfteverband ULA führt regelmäßig Veranstaltungen zu verschiedenen Themen aus Politik, Wirtschaft und Arbeit durch, die für Führungskräfte und alle Mitglieder der ULA-Verbände relevant sind.

Deutscher Führungskräftetag 2025
Datum: 5. Juni 2025
Uhrzeit: 09:00 bis 22:00 Uhr
Ort: Berlin

ULA-Führungskräfte-Dialog: Demokratien unter Druck – Auswirkungen für Führungskräfte
Datum: 30. Juni 2025
Uhrzeit: 17:00 bis 18:00 Uhr
Ort: digital

Alle Informationen zu den Veranstaltungen und zur Anmeldung sind unter www.ula.de zu finden.

Erweitertes Informationsangebot
Alle vier bis sechs Wochen informiert die ULA aktuell und umfassend über die politischen Arbeitsschwerpunkte in Berlin und Brüssel, die neuesten Trends im Bereich Führung sowie bevorstehende Veranstaltungen. Hierzu können die ULA Nachrichten – in Ergänzung zur gedruckten Fassung – auch kostenfrei als Newsletter bezogen werden. Die Registrierung erfolgt einfach und bequem online unter www.ula.de/news/ula-nachrichten.