Lehmanns Destillat

Erik Lehmann hat das Wort

Foto: Robert Jentzsch

Habemus Merzum

Der Aufschrei war groß, als unser neuer Kanzler im ersten Wahlgang durchfiel. Aber verglichen mit dem neuen Papst, der vier Anläufe brauchte, um die pontifexiöse Loggia betreten zu dürfen, hat es der Fritze mit seinem einmaligen Schuss vor den Bug noch gut getroffen. Trotzdem steht der Stellvertreter Christi auf Erden (und damit ist nicht Friedrich Merz gemeint) nun vor einer schier übermenschlichen Aufgabe. Er soll Frieden stiften. Eine Idee von Donald Trump, der keine Lust mehr hat – denn wer braucht schon den Friedensnobelpreis, wenn man von Katar eine neue Air Force One geschenkt bekommt! Jedenfalls soll Putin nun vor dem Papst zu Kreuze kriechen. Wladimirs Gang nach Canossa sozusagen. Sicher wird er nicht barfuß kommen und Schnee liegt vor dem Petersdom auch selten. Aber vielleicht reitet der russische Präsident ja oberkörperfrei auf dem Pferd in Rom ein. Oder er kommt wie Hannibal mit Elefanten?

„Der Friede sei mit Euch allen!“ – so lauteten die ersten Worte Leo XIV. Und daran wird er sich messen lassen müssen. Die Gnade Gottes sei mit ihm. Mal sehen, ob dem Würdenträger aus dem Vatikan der Frieden gelingt, ansonsten stellt sich Trump als Gegenpapst auf. Obwohl es wahrscheinlicher ist, dass Frauen die Priesterweihe gespendet wird und sämtliche männliche Kirchenmitarbeiter der Knabenliebe abschwören, bevor in der Ukraine die Waffen schweigen. Aber warten wir‘s ab. Darf man dem Kirchenoberhaupt für seine Aufgabe eigentlich „Toi, toi, toi“ wünschen oder verbittet sich das entsprechend der etymologischen Herkunft dieser gängigen Lautmalerei, die vom dreimaligen Ausspucken herrührt und ursprünglich das Böse, sprich den Teufel, fernhalten sollte? Schwierig, wenn doch der allgemein auserkorene „Teufel“ direkt eingeladen wird.

Aber zurück zu Merz. Der verlangt, dass wir Deutschen mehr arbeiten sollen. In seinen Augen sind wir allesamt ein faules Pack, das mal endlich wieder in die Hände spucken soll (schon wieder Spucke!). Wörtlich sagte der Kanzler: „Wir müssen in diesem Land wieder mehr arbeiten.“ Mit „wir“ meint er uns. Aber klar, fehlende Fachkräfte, fehlende Steuereinnahmen, fehlende Renten- und Krankenkassenbeiträge, um solche Defizite können sich doch die kümmern, die eh schon tagtäglich mit der Materie vertraut sind: Im Jahr 2024 machten Arbeitnehmer in Deutschland rund 552 Millionen bezahlte und 638 Millionen unbezahlte Überstunden. Man könnte natürlich auch einfach so viel arbeiten lassen wie vertraglich vereinbart und stattdessen Steuern auf die Geldbeträge einführen, die aufs Konto purzeln, ohne dass dafür jemand gearbeitet hat. Aber das wäre kommunistisch – und das geht gar nicht! Immerhin war Hitler Kommunist, wie wir dank Alice Weidel nun wissen, und deshalb Finger weg von solchen ketzerischen Ideen! Apropos Hitler: Deutschland hat wieder auf die falschen Österreicher gesetzt. Beim ESC gab‘s nur einen Platz im Mittelfeld mit dem Ösi-Duo und ihrem Baller-Quatsch. Der Eunuch auf dem Segelboot wäre es gewesen! Aber Stefan Raab kann ja nicht ganz Österreich an Deutschland anschließen, damit wir beim nächsten Mal den ESC gewinnen.

Und nochmal zurück zu Alice im Wunderland – ihre Partei ist jetzt laut weisungsgebundenem (ignorieren Sie dieses Wort) Verfassungsschutz gesichert rechtsextrem. Genauso wie Wasser gesichert nass ist. Wobei Wein zum Beispiel auch trocken sein kann. Sie merken schon: Der Teufel (da ist er wieder!) steckt im Detail. Das 1.100-seitige Gutachten ist mittlerweile öffentlich. Gelesen hat es kaum einer. Wie auch? Man ist immer noch mit den 3.800 Seiten der RKI-Protokolle beschäftigt. Das von Amts wegen als geheim eingestufte AfD-Gutachten entpuppte sich als zusammengestellte Material- und Zitatsammlung öffentlich zugänglicher Verlautbarungen der alternativen Truppe. Ob es dafür einen Geheimdienst brauchte und das Ganze zum angestrebten Verbotsverfahren rechtssicher beitragen kann oder doch eher als Jahrgangsabschlussarbeit der „AG Schülerzeitung“ bewertet werden muss, kann ja Nancy Faeser – jetzt, wo sie mehr Zeit hat – nochmal prüfen. Denn zur Bekanntgabe der Einstufung hatte sie die Prüfung des Gutachtens in ihrem Innenministerium bewusst unterlassen und somit wenige Tage vor Amtsübergabe ausdrücklich belegt, dass sie ihrer eidesstattlich anvertrauten Aufgabe voll und ganz und mit der entsprechenden Ernsthaftigkeit und Professionalität gewachsen war.

Ob Alexander Dobrindt als Bundesinnenminister gebührend in diese großen Fußstapfen treten kann, wird sich zeigen. Seine Bilanz als früherer Bundesverkehrsminister lässt aber hoffen. Und auch die verstärkten Grenzkontrollen der Bundespolizei lassen aufhorchen. Denn damit erfüllt Dobrindt, zumindest was diese Beamten betrifft, die Merzsche Vorgabe des Mehrarbeitens vollumfänglich.

Mit seinen verschiedenen Kabarettprogrammen reist der Dresdner Kabarettist Erik Lehmann quer durch Deutschland und hat auch schon diverse Preise gewonnen. Unter dem Pseudonym Uwe Wallisch vertreibt der passionierte Hobbyimker zudem seinen eigenen Honig. Auf der Website www.knabarett.de ist Lehmann jederzeit käuflich und bestellbar. Honig gibt es auf uwes-landhonig.de.