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Von Dr. Andreas Bücker, Projektleiter FECCIA
Aktuell führen die europäischen Spitzendachverbände der Chemie-Führungskräfte und -Arbeitgeber FECCIA und ECEG ein von der Europäischen Kommission finanziertes Sozialpartnerprojekt zu „Just Transition Leadership“ durch. Die Chemieindustrie ist hier wie so oft Vorreiter: Das Projekt hat Modellcharakter, und die Ergebnisse werden mit Spannung in anderen Sektoren auf europäischer Ebene erwartet. Erste Ergebnisse wurden Mitte März 2025 auf der Projektkonferenz in Lissabon vorgestellt.
Eine der weltweit größten Herausforderungen in allen Industrien der Europäischen Union und weltweit ist die politisch gewollte und für die Zukunft zwingend gebotene „grüne Transformation“ – die „Green Transition“ – hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft. Dies gilt insbesondere auch für den gesamten Bereich der europäischen Chemie-, Pharma-, Gummi- und Kunststoffindustrie. Diese für die europäische Wirtschaft zentralen Sektoren entwickeln vorbildhaft und kontinuierlich Lösungen, um den hohen Energieverbrauch und damit die Treibhausgasemissionen in allen Produktions- und Arbeitsprozessen zu reduzieren. Damit treiben sie die Green Transition dieser zugegebenermaßen energieintensiven Industriezweige in Richtung Klimaneutralität voran, bleiben damit wettbewerbsfähig auf dem globalen Markt und sichern Beschäftigung sowie Zukunftsaussichten für alle.
Für die Sozialpartner in der europäischen Chemie-, Pharma-, Gummi- und Kunststoffindustrie hat es dabei auf nationaler wie auf europäischer Ebene höchste Priorität, dass die Green Transition auch eine „gerechte Transformation“ – eine „Just Transition“ ist, sodass niemand, der in diesen Sektoren beschäftigt ist, „zurückgelassen wird“, wie es Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen formuliert hat.
Vor diesem Hintergrund haben der Europäische Führungskräfteverband Chemie FECCIA und der Europäische Arbeitgeberverband Chemie ECEG, die auf europäischer Ebene die Sozialpartner der Gesamtchemie in den 27 EU-Mitgliedstaaten vertreten, das EU-Projekt „JUS[T]RANS LEAD – Sustainable Management of Just Transition towards Climate Neutrality in the European Chemical Industry“ ins Leben gerufen, um Strategien und Best Practices für nachhaltiges Management und Leadership dieser „Just Transition“ zu entwickeln.
FECCIA und ECEG, deren deutsche Mitgliedsverbände in Deutschland der VAA und der BAVC sind, sehen die Verantwortung für den Erfolg der Just Transition gemeinsam bei Arbeitgebern und Führungskräften in den Unternehmen. Vor allem Führungskräfte stehen bereits heute – und künftig in zunehmendem Maße – vor Herausforderungen, die ganz neue Führungs- und Managementkompetenzen erfordern.
Das Projekt, das von Juni 2024 bis Mai 2026 läuft, soll dazu beitragen, Maßnahmen und Strategien für eine Just Transition zu identifizieren und gleichzeitig die zentrale Frage der nachhaltigen Umsetzung dieser Strategien zu adressieren. Da Green Transition und Just Transition jeweils erhebliche strategische und tatsächliche Veränderungen innerhalb der gesamten Industrie und einzelner Unternehmen mit sich bringen werden, bedarf es entsprechender Tools für Chemieführungskräfte, diese Herausforderungen zu leiten und umzusetzen.
Die Projektziele umfassen die Identifizierung von Strategien und Best Practices für Just-Transition-Leadership, die Analyse neuer Führungsinstrumente, um Just Transition langfristig umzusetzen, den Zugang zu relevanten Weiterbildungsformaten für Führungskräfte in der Chemie und die Entwicklung einer gemeinsamen Zukunftsstrategie für Just Transition Leadership von FECCIA und ECEG.
Erste Ergebnisse wurden auf der Projektkonferenz, die vom 19. bis 21. März 2025 in Lissabon stattfand, vorgestellt und diskutiert. 90 Chemieführungskräfte und Arbeitgeber sowie Vertreterinnen und Vertreter der Europäischen Kommission und zahlreicher Unternehmen kamen am Tejo zusammen, um Herausforderungen, Lösungen und Kompetenzen für einen nachhaltigen Strukturwandel zu beleuchten.
Jitka Hrudova von der Generaldirektion Arbeit und Soziales der Europäischen Kommission stellte die große Bedeutung und hohe Qualität des gesamten Projekts sowie der Projektpartner heraus. Ihr Kollege Frank Siebern-Thomas, verantwortlich für faire grüne und digitale Transformation, ging ergänzend auf den arbeitspolitischen Kontext ein, in dem sich dieses Projekt seiner Ansicht nach vorbildlich bewegt.
Ein Highlight war die Präsentation erster Forschungsergebnisse durch Allison Dunne und Jeroen Barrez von der Universität Leuven, die – von den Projektpartnern als wissenschaftliche Experten beauftragt – aufzeigten, welche vielfältigen Dimensionen das Konzept „Just Transition“ umfasst und auf welchen Ebenen in den Unternehmen der chemischen Industrie diese sozial gerecht gestaltet werden kann.
Ergänzt wurden die Ausführungen durch anschauliche Unternehmensbeispiele von ST1 Raffinerie, Syneos Health, MOL, Novonesis, Borealis und SECAFI, die aus der betrieblichen Praxis berichteten und jeweils sehr unterschiedliche und zahlreiche Ansätze zu Just Transition aufzeigten. Podiumsdiskussionen zur Rolle von Sozialpartnern insgesamt und Führungskräften im Besonderen bei den anstehenden Transformationsprozessen in der chemischen Industrie in Europa rundeten das Programm ab.
Für FECCIA und ECEG beginnt nun die Phase, gemeinsam mit der Universität Leuven die bisher erzielten und vorgestellten Ergebnisse zusammenzubringen, zu analysieren und im Sinne der Projektziele zu bewerten. Eine groß angelegte Onlinebefragung unter Chemieführungskräften in Europa hat weitere Daten geliefert, die in die abschließenden Resultate mit einfließen werden. Vom 4. bis 6. März 2026 findet die Abschlusskonferenz von JUS[T]RANS LEAD statt, auf der die Resultate vorgestellt und weiter diskutiert werden.