Lehmanns Destillat

Erik Lehmann hat das Wort

Erik Lehmann
Foto: Robert Jentzsch

Über Marsmännchen, Golfschläger und KI

Zuerst die gute Nachricht: Trump hat über Los Angeles nicht die Atombombe abwerfen lassen. Dafür hat er aber den Iran bombardiert. Kurz sah es ja so aus, als wäre das Atombomben-Szenario für L.A. denkbar. Nach Nationalgarde und Marinesoldaten wäre das eigentlich die logische Konsequenz gewesen, um die Proteste gegen die Migrationspolitik seiner Regierung einzudämmen. Erleichterung vor allem bei den US-Demokraten: Sie können sich nun eine juristische Prüfung, ob ein Massenmord an Hunderttausenden Kaliforniern verfassungskonform gewesen wäre, sparen, denn Trump ist vernünftig geblieben. Eine gute (orange) Haut!

Aber den Zoff mit Elon, den hätte er sich wirklich sparen können. Vielleicht war auch das der Grund, warum Fritze Merz auf einen so kampfesmüden Trump traf, als er Anfang Juni das Weiße Haus besuchte. Oder waren es doch eher die mitgebrachten Geschenke, die den US-Präsidenten gnädig stimmten? Immerhin gab‘s einen Golfschläger, mit dem Trump beim Probeschwingen beinahe das Inventar des Oval Office zerlegt hätte und die golden umrahmte Geburtsurkunde von Donalds Oppa und Namensvetter des deutschen Kanzlers Friedrich Trump. Dieser Kerl war mit 16 Jahren als gelernter Friseur nach New York gekommen. Hat dann später im Rotlichtbezirk von Seattle ein Restaurant geleitet und wurde amerikanischer Staatsbürger, indem er sich 1892 zur Präsidentenwahl registrieren ließ. Das erkläre mal heute einem aus El Salvador stammenden Migranten (äh, pardon … Gangmitglied) in den USA. Zwinkersmiley. Später baute er an verschiedenen Goldgräber-Eldorados Hotels, die vor allem für ihre alkoholischen Getränke und Zimmer für Prostituierte bekannt waren. Der direkte Weg zur Pornodarstellerin Stormy Daniels war hier also schon vorgezeichnet. Tja, es liegt halt in den Genen. Später kehrte er, also der Friedrich, als reicher Mann nach Deutschland zurück, heiratete und wurde später wieder ausgewiesen, weil er als junger Mann die Wehrpflicht geschwänzt hatte. Da kommt also bei seinem Enkel diese pathologische Besessenheit zum Thema Ausweisung her. 1918 starb Friedrich Trump dann in New York an der Spanischen Grippe. Also auch hier kein Wunder, dass Donald Trump heute so schlecht auf Latinos zu sprechen ist.

Jedenfalls war der amerikanische Präsident zum Antrittsbesuch von Merz mit den Gedanken bei seinem Kumpel Elon, der plötzlich böse Sachen über ihn im Internet schrieb. Gemeiner Musk! Der Typ gründet jetzt auch noch eine eigene „Amerika-Partei“. Ja, spinnt der denn? Aber das ist sicher nur eine Phase. Oder ein abgekartetes Spiel? Bald werden sich die beiden Best Buddys sicher wieder in den Armen liegen. Es ist halt gerade nicht einfach für die Zwei. Der eine ist ohne richtige Aufgabe, weil sein Kettensägenmassaker in den amerikanischen Behörden erst einmal mehr schlecht als recht beendet wurde und ihm nun nur noch das Twittern bleibt. Und der andere ist im Strafzollstress und wurde von seiner Frau geohrfeigt … Ach nee, das war Macron. Eigentlich wollte sich Musk wieder mehr auf sein Business konzentrieren: zum Mars fliegen, selbstfahrende Robotaxis durch sämtliche amerikanische Städte brettern lassen und mit Neuralink zukünftig unsere Gehirne pimpen. Und dann ist da ja auch noch die allgegenwärtige KI, die nicht nur seit Musks Gründung von OpenAI in all seinen Unternehmungen eine gewichtige Rolle spielt.

Wo das enden wird, ist zumindest für Musk klar: in der Überflüssigkeit von uns allen. Deshalb ja auch die Exit-Strategie zum Mars. Aber bis dahin ist noch etwas Zeit, in der wir uns schon einmal mit der KI anfreunden sollen. Es ist ja auch alles so schön einfach in der neuen KI-Welt. Denn die wird zum Beispiel bald für uns kochen. Der Thermomix ist nur die Brücke dahin. Die Zutaten bestellt der smarte Kühlschrank. Die Zuarbeiten übernehmen humanoide Haushaltsroboter. Und auch bei dem, was zwangsläufig nach dem Essen folgt, nämlich der Klogang, wird uns geholfen. Den Hintern werden wir in Zukunft abwischen lassen. Erste erfolgreiche Tests in Pflegeheimen sind schon absolviert.

Smarte Armbanduhren können mittlerweile innerhalb von 60 Sekunden zehn Gesundheitsdaten messen. Und weil die Zahl der Hypochonder seit der letzten Pandemie auch vielversprechend gestiegen ist, verkaufen sich diese Gadgets prima. KI kann meine Anamnese erstellen und gleich dazu den passenden Heilplan. Toll! Warum soll ich, wie Günther Jauch, eigentlich noch meine Gesundheitskarte ans Handy halten? Soll doch gleich die KI meine Medikamente bestellen! Und wie praktisch: KI liefert ja auch Pakete aus. Verrückt! KI fährt den Traktor, erntet den Weizen, backt das Brot und verkauft selbiges. Nur essen muss ich es noch selbst. Wie dumm ist das denn!

KI kann Musik komponieren, Literatur schreiben und Doktorarbeiten. Vor ein paar Jahren mussten noch Minister wegen teilweise abgeschriebener Dissertationen zurücktreten. Voll die Loser! Wer heute noch selbst schreibt – so wie ich diese Kolumne – hat nachweislich zu viel Tagesfreizeit.

Einfach super, diese KI! Sie erzieht unsere Kinder (zu Hause, in der Schule, an der Uni), regelt den Verkehr und dient in der Armee. Sprich: Eines Tages wird sie auch aufs rote Knöpfchen drücken. Und dann wird L.A. wohl doch noch das blühen, was oben noch satirisch überspitzt die Kolumne eröffnete. Zu dystopisch? Na ja, abwarten. Die grünen Marsmännchen können sich schon mal warm anziehen: Wir kommen … wahrscheinlich … bald!

Mit seinen verschiedenen Kabarettprogrammen reist der Dresdner Kabarettist Erik Lehmann quer durch Deutschland und hat auch schon diverse Preise gewonnen. Unter dem Pseudonym Uwe Wallisch vertreibt der passionierte Hobbyimker zudem seinen eigenen Honig. Auf der Website www.knabarett.de ist Lehmann jederzeit käuflich und bestellbar. Honig gibt es auf uwes-landhonig.de.