LAG Düsseldorf: Probezeitkündigung unwirksam wegen erteilter Übernahmezusage

Wenn ein Arbeitgeber einem Beschäftigten kurz vor Ablauf der Probezeit die Übernahme zusagt und anderthalb Wochen später das Arbeitsverhältnis dennoch kündigt, verhält er sich treuwidrig. Das hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschieden und die Kündigung für unwirksam erklärt.

· Veröffentlicht:
Kategorien: Urteile und Recht

Eine Frau ist gekündigt worden und steht traurig am Tisch in einem Großraumbüro. Vor ihr steht ein Karton mit ihren persönlichen Sachen. Die Kolleginnen und Kollegen neben und hinter ihr schauen sie mitleidig an.

Foto: fizkes – Shutterstock

Ein Arbeitnehmer war als Wirtschaftsjurist bei einem Rückversicherer tätig. Der Arbeitsvertrag sah eine sechsmonatige Probezeit mit verkürzter Kündigungsfrist vor. Etwa einen Monat Ablauf der Probezeit äußerte ein Prokurist des Arbeitgebers, der zugleich für Personalentscheidungen verantwortlich war, gegenüber dem Arbeitnehmer wörtlich, als dieser sich nach seiner Übernahme erkundigte: „Das tun wir natürlich.“ Diese Äußerung wurde von dem Mitarbeiter als verbindliche Zusage einer Weiterbeschäftigung über die Probezeit hinaus verstanden. Kurz vor Ablauf der Probezeit sprach der Arbeitgeber jedoch die Kündigung aus. Der Arbeitnehmer erhob dagegen Kündigungsschutzklage, die das Arbeitsgericht jedoch abwies. Es vertrat die Auffassung, dass während der Probezeit jederzeit ordentlich gekündigt werden könne und die Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz noch nicht erfüllt gewesen sei. Außerdem sei keine bindende Zusage der Weiterbeschäftigung gegeben worden.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf sah dies anders und erklärte die Kündigung für unwirksam (Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 2025, Aktenzeichen: 3 SLa 317/24). Die LAG-Richter entschieden, dass die Äußerung des Prokuristen eine verbindliche Zusage dargestellt habe. Sie sei geeignet gewesen, beim Arbeitnehmer ein schutzwürdiges Vertrauen in eine Weiterbeschäftigung zu begründen. Eine Kündigung, die ohne neue, nachvollziehbare Gründe so kurz nach einer solchen Zusage ausgesprochen werde, sei ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Ein solcher Widerspruch zwischen vorherigem Verhalten und späterer Kündigung könne nach der Rechtsprechung zum Verbot widersprüchlichen Verhaltens und somit zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Der Arbeitgeber konnte im Verfahren aus Sicht des Gerichts keine konkreten neuen Umstände benennen, die zwischen der Zusage und der Kündigung eingetreten wären und die einen Sinneswandel gerechtfertigt hätten. Somit habe der Arbeitnehmer weiter auf die Zusage vertrauen dürfen und das Arbeitsverhältnis sei durch die treuwidrige Kündigung nicht beendet worden. Die Revision ließ das Gericht nicht zu.

VAA Praxistipp: 

Wird eine Übernahme nach der Probezeit durch eine vertretungsberechtigte Führungskraft des Arbeitgebers in Aussicht gestellt, kann das rechtlich verbindlich sein. Erfolgt danach überraschend eine Kündigung ohne neue Gründe, droht deren Unwirksamkeit. Arbeitnehmer sollten solche Zusagen dokumentieren, etwa durch E-Mails oder Gesprächsnotizen, um sich im Streitfall auf Vertrauensschutz berufen zu können.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Newsletter in der Juliausgabe 2025 veröffentlicht worden.

Auf der Mitgliederplattform MeinVAA unter mein.vaa.de stehen für eingeloggte VAA-Mitglieder zahlreiche Infobroschüren zu arbeitsrechtlichen Themen zum Download bereit.