Kein Verzicht auf Urlaub durch Prozessvergleich

Im bestehenden Arbeitsverhältnis können Beschäftigte selbst durch gerichtlichen Vergleich nicht auf ihren gesetzlichen Mindesturlaub „verzichten“. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.

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Kategorien: Urteile und Recht

Das Bild zeigt einen Sandstrandabschnitt, auf dem eine Sonne in den Sand gemalt ist. Daneben liegen drei 100-Euro-Scheine. Ebenfalls rechts daneben steht eine Strandliege. In der oberen Bildhälfte ist das Meerwasser zu sehen, das an den Strand gespült wird.

Foto: Alex Raths – iStock

Im konkreten Fall war ein Arbeitnehmer von Januar 2019 bis Ende April 2023 als Betriebsleiter bei seinem Arbeitgeber angestellt. Im Jahr 2023 war er durchgehend krank und konnte deshalb seinen gesetzlichen Mindesturlaub in diesem Jahr nicht nehmen. Kurz vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses einigten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber in einem gerichtlichen Vergleich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. April 2023 gegen Zahlung einer Abfindung. Im Vergleich stand, dass „Urlaubsansprüche in natura gewährt“ seien. Später klagte der Arbeitnehmer auf Auszahlung des nicht genommenen gesetzlichen Urlaubs für das Jahr 2023, weil er den Urlaub krankheitsbedingt gar nicht hätte nehmen können. 

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht gaben dem Arbeitnehmer recht. Nun hat auch das Bundesarbeitsgerichts (BAG) im Sinne des Arbeitnehmers entschieden (Urteil vom 3. Juni 2025, Aktenzeichen: 9 AZR 104/24). Nach der Entscheidung des BAGs war die Vereinbarung, Urlaubsansprüche seien in natura gewährt, unwirksam, soweit sie einen nach dem Bundesurlaubsgesetz unzulässigen Ausschluss des gesetzlichen Mindesturlaubs regelt. Weder der gesetzliche Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub noch ein erst künftig – mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses – entstehender Anspruch auf Abgeltung gesetzlichen Mindesturlaubs dürfe im Voraus ausgeschlossen oder beschränkt werden.

Das gilt laut BAG auch dann, wenn bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs, der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung regelt, bereits feststeht, dass der Arbeitnehmer den gesetzlichen Mindesturlaub wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht mehr in Anspruch nehmen kann. Denn nach Europäischem Recht dürfe bezahlter Mindesturlaub – außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden. Im bestehenden Arbeitsverhältnis darf der Arbeitnehmer somit nicht gegen und erst recht nicht ohne finanziellen Ausgleich auf den gesetzlichen Mindesturlaub „verzichten“.

VAA Praxistipp: 

Das Urteil des BAG stellt klar, dass bestehende gesetzliche Urlaubsansprüche selbst in einem Vergleich vor Gericht nicht einfach gestrichen werden können, insbesondere nicht ohne finanziellen Ausgleich. Besonders wenn Beschäftigte krank sind und den Urlaub deshalb nicht nehmen konnten, besteht Anspruch auf Urlaubsabgeltung bei Ende des Arbeitsverhältnisses.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Newsletter in der Juniausgabe 2025 veröffentlicht worden.

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