Dialog & Espresso: Profis unter sich
In der Serie Dialog & Espresso wirft der VAA Newsletter im Vorfeld der Betriebsratswahlen 2014 einen Blick auf einen der vielfältigsten Jobs des deutschen Wirtschaftslebens: den Betriebsrat. Bei einer Tasse Espresso werden zwei Personen gefragt, die es wi
VAA Newsletter: Die Interviewreihe heißt Dialog & Espresso. Was bedeutet denn der Espresso für die Betriebsratsarbeit? Was kann man beim Espresso erfolgreich klären?
Flores Bermudez: Speis und Trank sind beide förderlich, um einen erfolgreichen Dialog herzustellen. Espresso zum Abschluss. Für den Verband erhoffen wir uns einen Kick. Wir wollen zur Betriebsratswahl einen Schub aktiv erzeugen und wollen die Betriebsratsmitglieder und die Kandidaten mitnehmen. Gute Ideen sind gefragt!
Franke: Cappuccino ist mit mir nicht zu machen! [lacht] Es geht nur Espresso.
VAA Newsletter: Gute Betriebsratsarbeit hat viel mit gelungenen Dialogen zu tun. Was treibt Sie als Betriebsratsmitglied an?
Flores Bermudez: Ich habe ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsgefühl. Ich möchte als Betriebsratsmitglied etwas in dieser Richtung bewirken. Man benötigt, um als Betriebsrat erfolgreich zu sein, gute Kenntnisse des Arbeitsrechts. Sie sind unheimlich wichtig, um die Sachlage, die einen Mitarbeiter betrifft, zu erkennen. Vertrauen gehört ganz wesentlich dazu. Man muss das Vertrauen der Kollegen haben. Würden wir uns darauf beschränken, Vermittler zwischen Anwälten und der Personalabteilung zu sein, wären wir fehl am Platz. Es geht nicht nur darum, die Kollegen zu betreuen. Wir müssen ihre Berater und ihre Coaches sein.
Franke: Was in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden sollte: Die professionelle Beratung durch die Juristen des Verbandes ist wichtig. So ist jederzeit der juristische Rahmen des Handelns abgesteckt. Dazu tritt dann aber auch Folgendes: Die Rechte und Pflichten des Betriebsverfassungsgesetzes müssen gelebt werden. Es gehört zur Verantwortung eines jeden Betriebsratsmitglieds, das betriebliche Ganze nicht zu verkennen. Das ist die oberste Priorität.
Flores Bermudez: Ich verstehe mich eher als Arbeitnehmervertreter.
Franke: Warum zögern Sie beim Begriff Betriebsrat?
Flores Bermudez: Ich möchte damit ausdrücken, dass ich im Sinne des betrieblichen Ganzen dann auch die Aufgaben des Sprecherausschusses mit im Blick habe. Als AT-Angestellte im Betriebsrat verstehen wir die Probleme der Leitenden sehr gut. Sie sind eng mit unseren Problemen verwandt.
Franke: Das ist sachlich ein bedeutendes verbandliches Thema. Es hat großes, zunehmendes Gewicht. Denn die Zahl der Kollegen im AT-Bereich steigt. Die Strukturen verändern sich. Das hat selbstverständlich Auswirkungen auf die Arbeitnehmervertretungen. Wenn nicht Sie, wer sollte sich dann für die AT-Probleme engagieren? [...]
VAA Newsletter: Sie haben vorher die Gerechtigkeit als wichtiges Motiv erwähnt. Reizt Sie auch die Gestaltungsmacht?
Flores Bermudez: Ja, das geht in sämtliche Richtungen. Man muss schon HR die Defizite aufzeigen. Man hat Verantwortung gegenüber den Klienten.
Franke: Gestaltungsrechte sind ein ganz wichtiges, leider teilweise vernachlässigtes Feld. Da müssen wir mehr daran arbeiten: Denken Sie an den Katalog der Mitbestimmungsrechte nach § 87 Betriebsverfassungsgesetz. Da ist Phantasie gefragt. Ich mache auf die Möglichkeit zur Kurzarbeiterregelung oder die Gestaltung von Entgeltmodellen aufmerksam. So kann es zur Vermeidung von Stellenabbau richtig sein, Kurzarbeit zu initiieren. [...]
Eduardo Flores Bermudez (im Bild links) kam 1998 in den Betriebsrat der damaligen Schering AG – zunächst als Ersatzmitglied und seit 2003 als ordentliches Mitglied – und gehört seit 2008 der VAA-Kommission Betriebsräte an. VAA-Jurist Manfred Franke verantwortet seit 1995 die Betriebsratsarbeit im VAA.
Flores Bermudez: Zur Gestaltungsmacht: Ja. Ideen, die wir selbst generieren können, Visionen, Strategien für die Firma. Damit werden wir wahrgenommen. Das ist Gestaltung im Sinne von Kreativität. Dagegen Gestaltung im Sinne von Verantwortung: Ich erinnere mich an eines der größten Reorganisationsprojekte der Firma. Der Betriebsratsvorsitzende und seine Stellvertreterin hatten keine zusätzlichen Kapazitäten mehr frei. Das eröffnete mir eine Mitwirkungschance. Ich übernahm die Leitung der Arbeitsgruppe des Betriebsrats, die das Projekt auf der Seite des Betriebsrates begleiten sollte. Das erfordert auch Wagemut. Wir haben das angepackt, nicht im Dunkeln tapernd, sondern offen, transparent: Man benötigt Soft Skills, man muss kommunizieren und vor allem weiß man – Du, niemand anders, hast als Betriebsrat die Macht, zu sagen: „Ja, da gehen wir mit. Nein, das wollen wir nicht.“ Und kannst so ein Projekt anhalten oder beschleunigen. Ja, das macht Spaß!
Franke: Das ist auch ein ganz wichtiger Punkt: Betriebsratsarbeit muss auch Spaß machen! [...]
Die ungekürzte Fassung des Interviews ist in der Juni-Ausgabe des <link internal-link internal link in current>VAA Magazins erschienen.