Kündigungsschutz: Berechnung der Wartezeit
Für die Berechnung der sechsmonatigen Wartezeit nach § 1 Absatz 1 des Kündigungsschutzgesetzes kommt es allein auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses an. Das hat das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil klargestellt.
Eine Arbeitnehmerin hatte einen Arbeitsvertrag mit einer Pflegeeinrichtung geschlossen, laut dem sie „ab dem 15. Mai 2010“ dort als Krankenpflegerin eingestellt wurde. Auf Wunsch der Arbeitnehmerin erfolgte die Arbeitsaufnahme allerdings erst am 26. Mai 2010, die sozialversicherungsrechtliche Anmeldung wurde durch den Arbeitgeber am 25. Mai 2010 rückwirkend zum 15. Mai 2010 vorgenommen. Am 15. November 2010 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis „innerhalb der Probezeit fristgemäß zum 30. November 2010.“ Dagegen erhob die Arbeitnehmerin Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht, weil sie der Auffassung war, die Kündigung sei nach Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit gemäß § 1 Absatz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) erfolgt. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht gaben der Arbeitnehmerin recht.
In einem Urteil vom 24. Oktober 2013 (Aktenzeichen: 2 AZR 1057/12) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Urteile der beiden Vorinstanzen bestätigt. Das BAG verwies darauf, dass für den Beginn der Wartezeit der Zeitpunkt maßgebend ist, von dem an die Arbeitsvertragsparteien ihre wechselseitigen Rechte und Pflichten begründen wollen. In der Regel sei dies der Zeitpunkt, in dem der Arbeitnehmer nach der vertraglichen Vereinbarung seine Arbeit aufnehmen soll. Allerdings nur, wenn nicht der rechtliche Beginn des Arbeitsverhältnisses und der Termin der vereinbarten Arbeitsaufnahme nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien auseinanderfallen.
Davon war in diesem Fall aus Sicht der BAG-Richter auszugehen, weil die Einstellung der Arbeitnehmerin ausdrücklich „zum 15.05.2010“ vereinbart worden war und dieses Datum auch bei der sozialversicherungsrechtlichen Anmeldung als Beginn des Beschäftigungszeitraums angegeben war.
§ 1 Kündigungsschutzgesetz:
Sozial ungerechtfertigte Kündigungen
Absatz 1: Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
VAA-Praxistipp
Zu Unklarheiten bei der Berechnung von Beginn und Ende der Wartezeit nach § 1 Absatz 1 KSchG kann es insbesondere dann kommen, wenn der rechtliche Beginn eines Arbeitsverhältnisses und der Termin der geplanten Arbeitsaufnahme auseinanderfallen. Betroffene VAA-Mitglieder sollten in diesen Fällen den Rat der Verbandsjuristen einholen.