Leitend oder nicht leitend?
Die Wahlvorbereitungen für die nächsten Sprecherausschusswahlen starten. Vom 1. März bis 31. Mai 2010 wählen die Leitenden Angestellten ihr Vertretungsorgan im Betrieb.
Aber wer ist Leitender und ins Wählerverzeichnis für den Sprecherausschuss einzutragen? Die Aufstellung des Wählerverzeichnisses steht am Anfang jeder Wahl. Ab und an tauchen Konflikte zwischen Betriebsrat und Sprecherausschuss auf. Ganz besonders dann, wenn schon einige wenige Wähler mehr dazu führen würden, die nächste Schwelle bei der Größe des Betriebsrates (§ 9 Betriebsverfassungsgesetz) oder Sprecherausschusses (§ 4 Sprecherausschussgesetz) zu überspringen.
Allein die Ernennung zum Leitenden Angestellten durch ein Schreiben des Arbeitgebers reicht nicht. Entscheidend ist die tatsächliche Stellung des Angestellten im Unternehmen. In § 5 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sind Merkmale für die Eingruppierung aufgelistet. Mindestens eines der dort genannten Kriterien muss erfüllt sein.
Friedenspapier löst Statusstreitigkeiten
Aber gleich das erstgenannte Kriterium liegt äußerst selten vor: Die Berechtigung, selbständig, ohne Zustimmung einer übergeordneten Stelle, Einstellungen und Entlassungen von Arbeitnehmern vorzunehmen. Das so genannte <media 426>Friedenspapier</media>, eine gemeinsame Position des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie, der IG BCE und des VAA, setzt hingegen nur einen maßgeblichen Einfluss bei Personalentscheidungen voraus. Dieses Friedenspapier ist für die Eingruppierung von Arbeitgebern anlässlich der Sprecherausschusswahl in der Chemie typischerweise die Leitlinie. Daran orientieren sich die Unternehmensleitungen, die Arbeitnehmervertretungen und die Verbände. Das „Friedenspapier“ wird dadurch der Funktion, der es seinen Namen verdankt, gerecht. Nur noch äußerst selten kommt es zu Statusstreitigkeiten. Allerdings kann dieses Positionspapier bei einer rechtlichen Auseinandersetzung die Bewertung anhand des § 5 BetrVG nicht ersetzen.
Ein weiteres Merkmal des § 5 BetrVG, eine Generalvollmacht oder Prokura des Arbeitgebers, ist hingegen oft vorzufinden. Allerdings muss diese auch tatsächlich genutzt werden, um als Abgrenzungskriterium zu dienen.
Vielfach konzentriert sich die Eingruppierung auf die drittgenannte Alternative des § 5 BetrVG, die Wahrnehmung von unternehmerischen Leitungsaufgaben, die bedeutend für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens bzw. Betriebes sind. Die Erfüllung dieser Aufgaben verlangt besondere Erfahrungen und Kenntnisse. Die Einstufung als Leitender Angestellter setzt voraus, dass die damit verbundenen Entscheidungen zumindest maßgeblich von dem Angestellten zu treffen sind.
Weitere Anhaltspunkte, wann man im Zweifel als Leitender Angestellter einzugruppieren ist, ergeben sich aus § 5 Abs. 4 Betriebsverfassungsgesetz. Festzuhalten ist, dass eine etwaige Personalbefugnis, eine vorhandene Prokura und die unternehmerischen Leitungsaufgaben im Einzelfall zu bewerten sind.
Diejenigen Angestellten, die als Leitende eingestuft wurden, können bei der Sprecherausschusswahl mit ihrer Stimme entscheiden, von wem ihre Interessen die kommenden vier Jahre gegenüber der Unternehmensführung vertreten werden. Die Arbeitgeber werden bei der Wahl genau beobachten, welche Unterstützung der Sprecherausschuss in ihrem Unternehmen erfährt. Dazu Rainer Nachtrab, 2. Vorsitzender des VAA: „Eine hohe Wahlbeteiligung stärkt die Legitimation des Sprecherausschusses gegenüber der Unternehmensleitung.“
In der Dezember-Ausgabe des VAA Magazins im ausführlichen Interview zur Sprecherausschusswahl: Rainer Nachtrab, Vorsitzender des Sprecherausschusses der BASF SE und des Konzernsprecherausschusses.