Versetzung: Wie weit reicht das Weisungsrecht?
Wird in einem Arbeitsvertrag unter der Überschrift „Beginn der Tätigkeit“ ein Ort für die Einstellung eines Arbeitnehmers benannt, gilt dies nicht als dauerhafte Festlegung des Arbeitsortes. Das hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt.
Eine Flugbegleiterin war von ihrem Arbeitgeber an einen anderen Arbeitsort versetzt worden. Im Arbeitsvertrag der Arbeitnehmerin war unter der Überschrift „Beginn der Tätigkeit“ vereinbart worden, dass sie „ab 03.12.1994 im Bereich Flugbetrieb, Beschäftigungsort Münster/Osnabrück eingestellt“ werden sollte. Eine für die Arbeitnehmerin geltende Betriebsvereinbarung sah einen Versetzungsvorbehalt vor.
Die Arbeitnehmerin wehrte sich dennoch mit einer Klage gegen ihre Versetzung, woraufhin der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigte und zugleich eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem neuen dienstlichen Einsatzort anbot. Die Arbeitnehmerin nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an und wehrte sich auf dem Klageweg gegen die Änderungskündigung. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht sahen die Versetzung der Arbeitnehmerin jedoch als wirksam an und gaben dem Arbeitgeber recht.
§ 106 Gewerbeordnung:
Weisungsrecht des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Versetzung im Revisionsverfahren für wirksam erklärt (Urteil vom 28. August 2013, Aktenzeichen: 10 AZR 569/12). Die BAG-Richter sahen in der Erwähnung des Einstellungsortes keine verbindliche Festlegung des Arbeitsortes, die das Weisungsreicht des Arbeitgebers wirksam hätte beschränken können. Denn durch die vorangestellte Überschrift „Beginn der Tätigkeit“ und den Hinweis, dass die Arbeitnehmerin an diesem Beschäftigungsort „eingestellt“ werde, sei damit nur der Ort der ersten Tätigkeit festgelegt worden.
Zudem sei in dem Arbeitsvertrag auf eine Betriebsvereinbarung Bezug genommen worden, in der ein wirksamer Versetzungsvorbehalt geregelt war. Da die Versetzung aus wirtschaftlicher Sicht begründbar war und die Arbeitnehmerin keine besonderen persönlichen Umstände vorbringen konnte, die eine Versetzung in eine andere Stadt unangemessen hätten erscheinen lassen, durfteder Arbeitgeber sein Weisungsrecht aus Sicht des BAG in dieser Art und Weise ausüben.
Praxis-Tipp
Fehlt es im Arbeitsvertrag an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht, ergibt sich der Umfang des Weisungsrechts des Arbeitgebers direkt aus der gesetzlichen Regelung des § 106 Gewerbeordnung. VAA-Mitglieder sollten bei allen Fragen zum Weisungsrecht die qualifizierte Beratung durch die VAA-Juristen in Anspruch nehmen.