Insolvenz: Anspruch auf Direktversicherung?
Im Fall der Insolvenz ihres Arbeitgebers können Arbeitnehmer nicht in allen Fällen die Herausgabe einer für sie abgeschlossenen Direktversicherung verlangen. Allerdings kann der Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen einen Ersatz des Versorgungssch
Einem Arbeitnehmer war nach der Insolvenz seines Arbeitgebers im Dezember 2005 gekündigt worden. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens widerrief der Insolvenzverwalter das Bezugsrecht des Arbeitnehmers für eine Direktversicherung, die der Arbeitgeber im August 1999 als Leistung der betrieblichen Altersversorgung für ihn abgeschlossen hatte. Der Arbeitgeber hatte sich den Widerruf bis zum Ablauf der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfrist vorbehalten.
Der Arbeitnehmer klagte vor dem Arbeitsgericht gegen den Widerruf des Bezugsrechts, weil der Insolvenzverwalter in anderen Fällen zur Übertragung von Direktversicherungen bereit gewesen sei und somit gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen habe. Er verlangte die Übertragung der Direktversicherung oder als Schadensersatz die Erstattung der an die Versicherung gezahlten Beiträge beziehungsweise des Rückkaufwertes der Versicherung. Sowohl das Arbeitsgerichts als auch das Landesarbeitsgericht lehnten die Forderungen des Arbeitnehmers ab.
Nun hat auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) gegen den Arbeitnehmer entschieden (Urteil vom 18. September 2012, Az: 3 AZR 176/10).
Betriebsrentengesetz
§ 1b Abssatz 1, Satz 1: Einem Arbeitnehmer, dem Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung zugesagt worden sind, bleibt die Anwartschaft erhalten, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls, jedoch nach Vollendung des 25. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens fünf Jahre bestanden hat (unverfallbare Anwartschaft).
§ 30f, Absatz 1: Wenn Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vor dem 1. Januar 2001 zugesagt worden sind, ist § 1b Abs. 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Anwartschaft erhalten bleibt, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles, jedoch nach Vollendung des 35. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens 10 Jahre […] bestanden hat […].
Die BAG-Richter verwiesen darauf, dass sich die Wirksamkeit des Widerrufs allein nach der versicherungsrechtlichen Rechtslage im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Versicherung richte. Die Frist für die Unverfallbarkeit des Bezugsrechts hätte nach § 1b in Verbindung mit § 30f Absatz 1 Betriebsrentengesetz 10 Jahre betragen. Da diese First noch nicht abgelaufen war, konnte der Insolvenzverwalter laut BAG den Widerruf wirksam gegenüber der Versicherung erklären, wodurch dem Arbeitnehmer im Ergebnis kein Aussonderungsrecht nach § 47 Insolvenzordnung zustehe. Auch sei der Insolvenzverwalter nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer Schadensersatz in Höhe der bereits gezahlten Beiträge oder des Rückkaufwertes der Versicherung zu leisten.
Insolvenzordnung
§ 47 Aussonderung
Wer auf Grund eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen kann, daß ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört, ist kein Insolvenzgläubiger. Sein Anspruch auf Aussonderung des Gegenstands bestimmt sich nach den Gesetzen, die außerhalb des Insolvenzverfahrens gelten.
VAA-Praxistipp
Das BAG hat in seinem Urteil nur über die Wirksamkeit des Widerrufs gegenüber der Versicherung und die darauf gerichteten Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers entschieden. Es hat offengelassen, ob der Insolvenzverwalter im Verhältnis zu dem betroffenen Arbeitnehmer berechtigt war, das Bezugsrecht zu widerrufen. Wenn durch einen solchen Widerruf eine arbeitsvertragliche Pflicht des Arbeitgebers verletzt wird, kommt laut BAG grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers in Betracht. Dieser muss sich dann jedoch auf den Ersatz des Versorgungsschadens richten, also der entstehenden Rentenminderung. Ob ein solcher Schadensersatzanspruch dann vorab aus der Insolvenzmasse zu erfüllen wäre und somit besser geschützt wäre als eine reine Insolvenzforderung, haben die Erfurter Richter nicht festgelegt.