Wechsel von Vollzeit zu Teilzeit: Verlust erworbener Urlaubsansprüche?
Wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeitszeit verringert, darf er dadurch keine bereits erworbenen Urlaubsansprüche verlieren. Das hat der Europäische Gerichtshof in einem aktuellen Beschluss klargestellt.
Eine Arbeitnehmerin war bis zu einer schwangerschaftsbedingten Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit in Vollzeit in einer Fünf-Tage-Woche beschäftigt gewesen. Nach ihrer Rückkehr arbeitete sie nur noch mit halber Arbeitszeit in einer Drei-Tage-Woche. Beim folgenden Jahreswechsel wollte sie den Resturlaub von 29 Tagen aus der Zeit ihrer Vollzeitbeschäftigung in das nächste Jahr übertragen lassen. Dabei nahm ihr Arbeitgeber folgende Berechnung vor: Die 29 Tage wurden zur Umrechnung in Wochen durch 5 geteilt und anschließend mit 3 multipliziert. Im Ergebnis wurden der Arbeitnehmerin 17 Arbeitstage in das nächste Kalenderjahr übertragen.
Europäische Arbeitszeitrichlinie
(Richtlinie 2003/88/EG)
Artikel 7 (Jahresurlaub) Absatz 1:
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind.
Dagegen klagte sie vor. Das Arbeitsgericht Nienburg vertrat die Auffassung, dass die Umrechnungsmethode gegen Europarecht verstößt und legte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage vor, wie die Umrechnung vorzunehmen sei.
Der EuGH folgte in seinem Beschluss (Beschluss vom 13.06.2013, Rechtssache C-415/12) der Auffassung der Nienburger Richter. Er entschied, dass eine Kürzung des während der Vollzeitbeschäftigung erworbenen Urlaubs gegen Artikel 7 der Europäischen Arbeitszeitrichtlinie verstößt, der die Grundsätze zum Jahresurlaub regelt.
VAA-Praxistipp
Der Beschluss des EuGH ist verbindlich und somit in Zukunft für die Berechnung der Urlaubstage beim Übergang von Voll- zu Teilzeit maßgeblich. Das gilt allerdings nur für den vierwöchigen Mindesturlaub pro Jahr, der europarechtlich vorgeschrieben ist. Für darüber hinausgehende Urlaubsansprüche können in Tarif- und Arbeitsverträgen abweichende Regelungen vereinbart werden, zum Beispiel auch die oben genannte und für Arbeitnehmer ungünstigere Berechnungsmethode.