BAG begrenzt Anrechnung bei Betriebsrenten
Eine vollständige Verrechnung von anderen Rentenbezügen mit betrieblichen Alters- und Hinterbliebenenrenten kann unzulässig sein.
Verrechnungsklauseln in Betriebsvereinbarungen zur betrieblichen Altersversorgung dürfen andere Bezüge nicht unverhältnismäßig entwerten. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden.
Das Gericht gab mit seinem Urteil (3 AZR 97/08) dem Antrag einer Witwe teilweise statt. Sie hatte dagegen geklagt, dass auf die von ihr bezogene betriebliche Witwenrente ihre eigene Altersrente leistungssenkend angerechnet wurde. Eine Gesamtbetriebsvereinbarung im Unternehmen ihres verstorbenen Mannes sah vor, dass Hinterbliebene 60 Prozent der betrieblichen Altersversorgungsleistung erhalten sollten. Auf dieses sogenannte Witwengeld wurden jedoch andere Einnahmen angerechnet, unter anderem die volle Höhe der eigenen gesetzlichen Rente.
Diese 100-prozentige Verrechnung erklärte das BAG in seinem Urteil für unzulässig. Grundsätzlich dürfe eine gesetzliche Witwenrente vollständig auf die betriebliche Hinterbliebenenversorgung angerechnet werden. Doch eine Anrechnung von mehr als 80 Prozent einer eigenen gesetzlichen Altersrente entwerte diese unverhältnismäßig und verstoße gegen das betriebsverfassungsrechtliche Gebot der angemessenen Behandlung aller Arbeitnehmer.
In einem weiteren Urteil (3 AZR 80/08) begrenzte das BAG auch die Verrechnung im umgekehrten Fall: Die Anrechnung von mehr als 80 Prozent einer gesetzlichen Hinterbliebenenrente auf die eigene betriebliche Altersrente ist demnach ebenfalls unverhältnismäßig.
VAA-Praxistipp
Witwen und Witwer, die eine gesetzliche oder eine betriebliche Hinterbliebenenrente beziehen, sollten prüfen, in welcher Höhe die eigene betriebliche oder gesetzliche Altersrente angerechnet wird.
Bei Unklarheiten sollten sich VAA-Mitglieder an die Kölner Geschäftsstelle oder das Berliner Büro des VAA wenden.
Kurz notiert: BAG-Präsidenten skeptisch
Ende Juni 2010 war das Bundesarbeitsgericht von dem Grundsatz "Ein Betrieb - ein Tarifvertrag" abgerückt, weil es ihn mit dem Grundrecht der Koalitionsfreiheit für unvereinbar hält. Nun sucht die Politik nach einer Regelung per Gesetz.
Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Ingrid Schmidt, hat Zweifel. "Angesichts der zu regelnden Materie liegt die Gefahr eines Verstoßes gegen das Grundgesetz auf der Hand", sagte sie nach einem Bericht von beck-aktuell."
Mit dem Thema "Tarifpluralität" werden sich die <link internal-link internal link in current>Friedrichshafener Arbeits-, Wirtschafts- und Sozialrechtstage beschäftigen.