Intrapreneurship: Unternehmen haben Nachholbedarf
Für eine konsequente Ausrichtung auf Intrapreneurship besteht in vielen Unternehmen noch Nachholbedarf im Hinblick auf die Personalrekrutierung und die Organisation. Kommunikation und Kultur sind hingegen bereits häufig passend eingeführt.
Von Prof. Dr. Birgit Baum, Baum Management Competence
Gerade für hochqualifizierte Personen ist es oft attraktiv, in einem Unternehmen zu arbeiten, in dem Intrapreneurship gelebt wird. Viele Hochqualifizierte schätzen es, Ideen einbringen und selbst umsetzen zu können. Dies könnte von Unternehmen zum Aufbau eines positiven Images genutzt werden. Eine aktuelle Umfrage unter den Mitgliedern des VAA zeigt jedoch, dass diese Erkenntnis in vielen Unternehmen der chemischen Industrie noch nicht angekommen zu sein scheint: Nur etwa 18 Prozent der rund 500 Umfrageteilnehmer gaben an, dass Intrapreneurship auf der Homepage ihres Unternehmens Erwähnung findet. Etwas häufiger spielt das Thema in der Unternehmenspolitik (23 Prozent) und der Unternehmensvision (26 Prozent) eine Rolle. Immerhin mehr als ein Viertel der Befragten (28 Prozent) gab zudem an, dass internes Unternehmertum Bestandteil der Unternehmensstrategie ist.
Was ist Intrapreneurship?
Intrapreneurship oder „internes Unternehmertum“ zeichnet sich durch „... aktive und effiziente Unterstützung der Unternehmensstrategie durch problemlösendes, sozialkompetentes und umsetzendes Denken und Handeln einer möglichst großen Anzahl von Mitarbeitern aller Hierarchie- und Funktionsbereiche mit hoher Eigeninitiative und -verantwortung in/mit dafür fördernden Strukturen und Personen aus“ (Wunderer, R. (2011): Führung und Verantwortung. Ein unternehmerische Führungslehre, 9., neu bearbeitete Auflage, Köln, Seite 51).
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Intrapreneurship in vielen Unternehmen intern stärker gelebt wird, als es nach außen gezeigt und zur Imagebildung genutzt wird. Bei der Personalrekrutierung scheint das interne Unternehmertum ebenfalls kaum Beachtung zu finden: Die Unternehmen gehen kaum an Orte, wo unternehmerisches Verhalten bereits gefördert wird, zum Beispiel an die Gründerlehrstühle der Hochschulen.
Häufig fehlen unternehmerische Kompetenzprofile und auch Einblicke in das Unternehmen vor Vertragsunterzeichnung in Form von „Schnuppertagen“ sind die Ausnahme.
Günstige Voraussetzungen für Intrapreneurship stellen zeitliche Freiräume zum Entwickeln der Ideen dar, verbunden mit der Bereitstellung materieller Ressourcen und finanzieller Mittel. In der VAA-Umfrage gaben jedoch drei Viertel der Befragten an, weder zeitliche Freiräume noch entsprechende Budgets im Unternehmen zu erhalten. Zusätzliche personelle Kapazitäten zur Entlastung von Ideengebern sind häufig ebenso Mangelware. Die Entwicklung neuer Ideen scheint insofern oft eher Privatsache der Mitarbeiter als Priorität der Unternehmen zu sein: In jedem zweiten Unternehmen arbeiten Ideengeber ihre Idee zunächst informell aus. Etwa jede dritte Idee findet dann den Weg in ein offiziell genehmigtes Projekt, teilweise begleitet durch einen entsprechenden Ausschuss. Zehn Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, dass aus einer Idee bei Erfolg ein Venture wird und in jedem zweiten Unternehmen erhalten die Ideengeber finanzielle Belohnungen. Daraus folgt jedoch in den meisten Fällen keine Beteiligung am Geschäftserfolg oder eine Zuteilung von Projektmitteln.
Bei immerhin 44 Prozent der Antwortenden wird hingegen auch die Unterstützung durch die Teams (Abteilungen, Bereiche) belohnt. Positiv ist auch, dass in den meisten Unternehmen frei kommuniziert wird und 71 Prozent der Teilnehmer ihren Unternehmen eine vertrauensvolle und fehlertolerante Unternehmenskultur attestieren. Die Umfrage zeigt zudem, dass Ideengeber meist anerkannt werden. Netzwerkbildung sowie passende Weiterbildungsmaßnahmen scheinen gut verankert zu sein. Und an innovativen Aufgaben herrscht in den Unternehmen der VAA-Mitglieder kein Mangel.