Arbeitszeitguthaben: Kürzung muss vereinbart sein
Arbeitszeitkonten dürfen nur durch den Arbeitgeber mit Minusstunden belastet werden, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Eine Briefzustellerin hatte dagegen geklagt, dass ihr Arbeitgeber Zeitguthaben auf ihrem Arbeitszeitkonto gestrichen hatte. Der ursprünglich auf das Arbeitsverhältnis anzuwendende Tarifvertrag sah vor, dass den Arbeitnehmern innerhalb der Arbeitszeit Erholungszeiten zustehen. Außerhalb der dienstplanmäßigen Arbeitszeit geleistete Überstunden wurden auf einem so genannten Überzeitarbeitkonto (ÜZA-Konto) festgehalten, das durch Freizeit auszugleichen war.
Im Rahmen eines neuen Tarifvertrages wurde eine Kürzung der Erholungszeiten vereinbart, die jedoch erst mit drei Monaten Verzögerung in den Dienstplänen der Arbeitnehmerin umgesetzt wurde. Der Arbeitgeber strich ein entsprechendes Zeitguthaben vom Arbeitszeitkonto der Arbeitnehmerin mit der Begründung, sie habe in den drei Monaten die geschuldete Arbeitszeit nicht vollständig erbracht. Der dagegen von der Arbeitnehmerin erhobenen Klage gab das Arbeitsgericht statt, die Berufung des Arbeitgebers wurde vom Landesarbeitsgericht zurückgewiesen.
Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab der Arbeitnehmerin recht und wies die Revision des Arbeitgebers als unbegründet zurück (Urteil vom 12.03.2012, Az. 5 AZR 676/11). Ein Arbeitszeitkonto halte fest, in welchem Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nach § 611 Absatz 1 BGB erbracht hat. Aufgrund dieser Dokumentarfunktion dürfe der Arbeitgeber nicht ohne Befugnis korrigierend in ein Arbeitszeitkonto eingreifen und die dort eingestellten Stunden streichen, so die BAG-Richter.
Für einen wirksamen Eingriff müsse die Vereinbarung, die der Führung des Arbeitszeitkontos zu Grunde liegt, dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnen, Arbeitsstunden zu streichen. Da eine solche Möglichkeit weder im Tarifvertrag noch in einer entsprechenden Betriebsvereinbarung vereinbart worden war, konnte der Arbeitgeber aus Sicht des BAG keine wirksame Kürzung des Zeitguthabens vornehmen.
VAA-Praxistipp
Das BAG hat in seinem Urteil betont, dass willkürliche Änderungen des Arbeitgebers an einem Arbeitszeitkonto nicht zulässig sind, sondern entsprechende Möglichkeiten vorab vereinbart werden müssen. Schon in seiner bisherigen Rechtsprechung hatte das Gericht den Anspruch des Arbeitnehmers auf korrekte Führung des Arbeitszeitkontos bejaht, wenn das Konto den Vergütungsanspruch verbindlich bestimmt. In ihrem aktuellen Urteil stellen die Richter klar, dass dieser Anspruch grundsätzlich besteht, auch wenn das Konto nicht für den Vergütungsanspruch maßgeblich ist.
Kein Feilschen mehr um den Bonus?
In einer weiteren Entscheidung hat sich das BAG mit Sonderzahlungen beschäftigt, die erbrachte Arbeitsleistungen honorieren und zugleich das ungekündigte Bestehen des Arbeitsverhältnisses zu einem Stichtag voraussetzen. Mehr dazu in der nächsten Ausgabe des VAA Newsletters.