Führungskräfte fehlen

Aber die jetzige Spekulation gegen die Euroländer ist Symptom. Sie ist nicht Ursache der Krise sondern Ausdruck derselben. Schlechte Ratings sind nicht Krisenherde, sondern – schlimm genug – Krisenverstärker. Die Ursachen liegen in hoher Staatsverschuldung, Wachstumsschwäche und – das ist auch festzuhalten – in einem Webfehler der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion.

Im Stabilitäts- und Wachstumspakt wurden die Finanzmärkte als apolitisches Disziplinierungsinstrument eingebaut: Dadurch werden aber nationale Regierungen auf dem Rentenmarkt auf eine Stufe mit Provinzregierungen oder Großunternehmen gestellt. Man könne mit ihnen, wie sich Altkanzler Helmut Schmidt einst ausdrückte, auf dem Parkett „Fußball spielen“. Die Spekulation ist überhaupt erst möglich, da die EZB keine Staatsanleihen aufnehmen darf.

Ernst zu nehmende Stimmen fordern daher die Schaffung eines geordneten Staatsinsolvenzverfahrens zugleich mit einer Europäischen Finanzagentur: Dieser Agentur müsste es gestattet sein, Eurobonds mit gesamtschuldnerischer Haftung aller Mitgliedsländer, aber auch gerechter Verteilung der Anleiheerlöse unter allen Mitgliedern auszugeben. Dann könnte es gelingen, den Kapitalbedarf der Euromitgliedsländer zu decken, ohne gegen die Bail-Out-Klausel zu verstoßen.

Dieser Ansatz ist strikt zu unterscheiden von der Blue Bond-Idee, bei der die aus der Anleiheplatzierung erlösten Einnahmen eben nur dem emittierenden Nationalstaat zu Gute kommen, der gleichwohl die anderen Mitgliedsländer mit in die Haftung nimmt. Hielte Italien dem Ansturm nicht stand, dann zerrisse unweigerlich die Illusion der Rettungsschirme und Europa stünde vor der Schicksalsfrage.

Es wird dieser Tage immer schwerer zu entscheiden, ob man die sich damit aufzwingende Chance schweren Herzens und verwegenen Mutes mehr begrüßen sollte, als sich weiterhin klamm unter die vermeintliche Sicherheit längst löchrig gewordener Rettungsschirme zu ducken?

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