Renaissance der Tugend

Gerade in Krisenzeiten fällt es manchem Unternehmer oder Manager schwer, Erfolg und Moral miteinander in Einklang zu bringen. Wirtschaftsethiker Pater Johannes Zabel warnt jedoch davor, das Gewissen allein ökonomischen Zwängen zu unterwerfen.

Zabel: Ich habe da ein Bild vom Eigentümerunternehmer vor Augen. Er hat ein Gewissen, wie jeder Unternehmer auch, wie jeder Manager es haben sollte. Aber bei diesem Eigentümerunternehmer kommt ein Aspekt hinzu: Er denkt, wenn es gut geht, über seine Generation hinaus, weil er etwas vererben will. Er denkt anders als ein angestellter Manager. Der hat auch ein Gewissen, aber neben dem Gewissen, das bei einem angestellten Manager zum Ausdruck kommt, besteht beim Eigentümerunternehmer vor allem noch der Punkt des eigenen Vermögens. Er muss haften, und das führt bei ihm schon zu einer vorsichtigeren Haltung. Vielleicht auch in eine Haltung, wo er die letzten Reserven der Familie dafür aufopfert, dass ein Unternehmen noch weiter fortgeführt werden kann, obwohl man aus einer anderen Sichtweise schon längst hätte etwas kürzen müssen. Ein Eigentümerunternehmer hat aus meiner Sicht generell den Vorteil, dass er langfristiger denken kann, dass er sich nicht vom Quartalsdenken abhängig macht. Vielleicht kann hier und dort auch ein Nachteil dadurch existieren, dass er zu sehr mit der Familie verbunden ist und dann außerökonomische Faktoren in ein Unternehmen hineinragen, die nicht immer produktiv sind.

VAA: Aber Sie argumentieren jetzt mit Produktivitätseinbußen und nicht mit dem Gewissen.

Zabel: Das Gewissen ist für mich eine absolute Kategorie. Aber ich weiß, das Gewissen ist nur von mir selbst steuerbar. Ich kann schlecht in die Menschen hineinblicken. Dann kann ich keine Garantie abgeben, dass ein Gewissen funktioniert oder nicht. Deshalb brauche ich durchaus eine Kontrolle von außen: den Wettbewerb, den Markt oder auch rechtliche Rahmenbedingungen, einen Kodex. Aber man darf nie davon ausgehen, und sollte nie davon ausgehen können, dass die rechtliche Steuerung von außen alles andere kompensieren kann, was an Gewissen nicht mehr da ist. Eine rechtliche Steuerung kann nie so umfassend sein, um ein Gewissen, eine Tugendethik zu ersetzen. Sie kann sie in Grenzen, in Teilen ersetzen, wenn der Wettbewerb stark und die Transparenz groß ist. Nur dann kann das Gewissen teilweise im Marktgeschehen aufgefangen werden, wenn Kontrolle und Druck von außen existieren.

Weitere Teile des Interviews werden in der August-Ausgabe des VAA Magazins abgedruckt.

Der VAA Newsletter erscheint jeden Monat neu. Wenn Sie möchten, benachrichtigen wir Sie regelmäßig per E-Mail über die Themen der aktuellen Ausgabe.

Alle News in einer App

Aktuelle Ausgabe:

Ausgabe April 2024

Ältere Ausgaben: