Abgelehnte Bewerbung: kein Auskunftsanspruch
Wer sich erfolglos auf eine Stelle beworben hat, kann vom Arbeitgeber keine Auskunft darüber verlangen, ob ein anderer Bewerber eingestellt wurde. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Eine 45-jährige Arbeitnehmerin aus Russland hatte sich erfolglos auf eine ausgeschriebene Stelle als Softwareentwicklerin beworben. Als sie eine Absage erhielt, ohne zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden zu sein, vermutete sie, wegen ihres Geschlechts, ihres Alters und ihrer Herkunft diskriminiert worden zu sein und nahm das Unternehmen auf Zahlung einer Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG) in Anspruch. Um ihre Qualifikationen mit denen des erfolgreichen Bewerbers vergleichen zu können, forderte sie zudem Einsicht in dessen Bewerbungsunterlagen. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht wiesen die Klage ab.
Anders als das deutsche Recht enthält das Europäische Recht Regelungen, die aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG) einen entsprechenden Auskunftsanspruch möglich erscheinen ließen. Daher entschied sich das BAG, dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage vorzulegen, ob aus dem Gemeinschaftsrecht ein solcher Auskunftsanspruch abgeleitet werden kann.
Der EuGH hat mit Urteil vom 19. April 2013 (Aktenzeichen C-415/19) klargestellt, dass ein Auskunftsanspruch für erfolglose Bewerber gegenüber dem Arbeitgeber auch nach Europäischem Recht nicht besteht. Nun hat das Bundesarbeitsgericht auf Grundlage des EuGH-Urteils entschieden, dass der erfolglosen Bewerberin weder eine Entschädigung noch ein Auskunftsanspruch gegen den Arbeitgeber zusteht (Urteil vom 25. April 2013, Aktenzeichen 8 AZR). Die Erfurter Richter verwiesen darauf, dass die Arbeitnehmerin zwar auf ihr Geschlecht, ihr Alter und ihre Herkunft hingewiesen, jedoch keine ausreichenden Indizien dargelegt habe, die eine Benachteiligung nach § 1 AGG hätten vermuten lassen. Ein solches Indiz führt nach § 22 AGG dazu, dass die Beweislast zulasten des Arbeitgebers umgekehrt wird. Dieser muss dann nachweisen, dass er sich im Rahmen des Stellenbesetzungsverfahrens nicht diskriminierend verhalten hat.
Die Weigerung des Arbeitgebers, einem Bewerber Auskunft über die Stellenbesetzung zu erteilen, ist demnach ohne Weiteres kein Indiz für eine Diskriminierung.
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
§ 1 Ziel des Gesetzes
Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.
§ 22 Beweislast
Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.
VAA-Praxistipp
Eine Diskriminierung in einem Bewerbungsverfahren nachzuweisen ist für Stellenbewerber in der Regel schwierig, weil sie keinen Einblick in das Entscheidungsverfahren bekommen. Die Beweislastumkehr nach § 22 AGG senkt diese Hürde ab. Ein Indiz, das auf eine Diskriminierung hindeuten und so zu einer Beweislastumkehr führen kann, ist beispielsweise eine nicht geschlechts- oder altersneutrale Stellenausschreibung. Mit seinem Urteil hat das BAG nun klargestellt, dass der bloße Hinweis darauf, Träger der im § 1 AGG genannten Diskriminierungsmerkmale zu sein, weder ein Indiz für eine Diskriminierung darstellt noch einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber begründet.