Betriebsrenten: Neue BAG-Rechtsprechung zur gespaltenen Rentenformel
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem Urteil vom 23. April seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, nach der die außerplanmäßige Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze im Jahr 2003 bei der Berechnung von Betriebsrenten mit „gespaltener Rentenformel
Von diesem Urteil betroffen sein können Betriebsrentenvereinbarungen, die vor dem 1. Januar 2003 abgeschlossen wurden und für Einkommensbestandteile oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung (BBG) höhere Versorgungsleistungen vorsehen als für den Einkommensbestandteil unterhalb der BBG („gespaltene Rentenformel“). In seinen bisherigen Urteilen zur gespaltenen Rentenformel hatte das BAG entschieden, dass die außerplanmäßige Anhebung der BBG im Jahr 2003 um 500 Euro bei der Berechnung der Betriebsrenten nicht zu berücksichtigen war, weil die Versorgungszusagen durch die Sprunganhebung lückenhaft geworden seien (siehe Artikel „Führungskräfte wehren Rentenkürzung ab“ im VAA Magazin Februar 2012).
Bürgerliches Gesetzbuch:
§ 313: Störung der Geschäftsgrundlage
Absatz 1: Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil [...] das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
Diese Haltung haben die Erfurter Richter in ihrem aktuellen Urteil aufgegeben (Urteil vom 23. April 2013, Aktenzeichen: 3 AZR 475/11). Sie entschieden, dass sich eine Berücksichtigung der außerordentlichen Anhebung der BBG zugunsten des Arbeitnehmers bei der Berechnung der Betriebsrente allenfalls nach den Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB ergeben kann. Hierfür müssten die finanziellen Nachteile durch die Sprunganhebung für die Betriebsrentner aber so gravierend sein, dass ihnen ein Festhalten an der Versorgungsregelung nicht zumutbar ist. Wie hoch die Einbußen konkret sein müssen, um unzumutbar zu sein, hat das BAG – zumindest in seiner Pressemitteilung zum Urteil – nicht mitgeteilt.
VAA-Praxistipp
Es bleibt abzuwarten, ob die noch zu veröffentlichenden Entscheidungsgründe konkrete Angaben dazu enthalten werden, ab welcher Höhe Einbußen ein Festhalten an der Versorgungsordnung unzumutbar machen. Erst dann wird es möglich sein, konkrete Empfehlungen an die betroffenen Arbeitnehmer auszusprechen. Der VAA wird die weitere Entwicklung genau verfolgen und spätestens nach Vorlage der Urteilsgründe in den Verbandsmedien weiter darüber berichten.