BAG: Keine Gratifikation nach Kündigung
Der Anspruch auf die Zahlung einer Gratifikation darf davon abhängig gemacht werden, ob das Arbeitsverhältnis bei der Auszahlung ungekündigt besteht. Voraussetzung ist, dass die Sonderzuwendung nicht die Vergütung von Arbeitsleistungen bezweckt. Das hat B
Einer Arbeitnehmerin war zum 31. Dezember eines Jahres wirksam gekündigt worden. Als sie die Zahlung des Weihnachtsgeldes für das abgelaufene Jahr verlangte, verweigerte der Arbeitgeber die Auszahlung. Er verwies darauf, dass laut einer Standardklausel im Arbeitsvertrag kein Anspruch auf die Weihnachtsgratifikation bestehe, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung bereits gekündigt wurde. Die Arbeitnehmerin behauptete, ihr sei gekündigt worden, weil sie nicht freiwillig auf die Weihnachtsgratifikation verzichtet habe. Sie klagte auf Zahlung des Weihnachtsgeldes und erhielt vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht (LAG) Recht. Die Klausel differenziere nicht danach, ob der Grund für die Kündigung im Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers liegt. Laut LAG sei die Arbeitnehmerin dadurch entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt und die Klausel sei gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
§ 307 BGB: Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
Dieser Auffassung widersprach das Bundesarbeitsgericht (BAG). Es entschied, dass eine Klausel, die einen Anspruch auf eine Gratifikation vom Bestehen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses abhängig macht, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB Stand hält (Urteil vom 18. Januar 2012, Az. 10 AZR 667/10).
Dies gelte auch dann, wenn die Klausel nicht danach differenziere, wer das Arbeitsverhältnis gekündigt hat. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Klausel ist laut BAG jedoch, dass mit der Sonderzuwendung nicht die Vergütung von Arbeitsleistungen bezweckt ist. Die Erfurter Richter hoben die Entscheidung des LAG auf und verwiesen sie zurück.
§ 162 BGB: Verhinderung oder Herbeiführung des Bedingungseintritts
(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.
Das LAG müsse klären, ob der Arbeitnehmerin tatsächlich gekündigt worden sei, um die Zahlung der Weihnachtsgratifikation zu verhindern. In diesem Fall könnte der Eintritt der Bedingung treuwidrig herbeigeführt worden sein und deshalb nach § 162 Abs. 2 BGB als nicht erfolgt gelten.
VAA-Praxistipp
Das BAG hat mit einer Entscheidung klar gestellt, dass Sonderzahlungen wie eine Weihnachtsgratifikation in bestimmten Fällen an das Bestehen eines ungekündigtes Arbeitsverhältnis geknüpft werden dürfen. Auf Boni und erfolgsanhängige Vergütungen dürfte das Urteil aber nicht anwendbar sein, da diese Zahlungen Entgeltcharakter haben. Für eine genauere Analyse muss die Veröffentlichung der Entscheidungsgründe durch das BAG abgewartet werden.