Versetzungsklauseln ohne Radiusangabe transparent

Versetzungsklauseln in Arbeitsverträgen, die inhaltlich der Regelung in § 106 S. 1 Gewerbeordnung entsprechen, unterliegen nicht der Angemessenheitskontrolle nach § 307 I 1 BGB. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden.

Eine Unwirksamkeit der Klausel ergibt sich aus Sicht des BAG auch nicht aus der Transparenzkontrolle nach § 307 I 2 BGB. Diese sei zwar auf die Versetzungsklausel anwendbar, allerdings genüge diese dem Transparenzerfordernis. Insbesondere bestehe keine Pflicht des Arbeitgebers, einen maximalen Entfernungsradius oder eine angemessene Ankündigungsfrist zu vereinbaren. Eine solche Konkretisierungsverpflichtung  werde dem Bedürfnis des Arbeitgebers, auf im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorhersehbare Veränderungen reagieren zu können, nicht gerecht. Der Arbeitnehmer sei gegen unbillige Entscheidungen des Arbeitsgebers hinreichend dadurch geschützt, dass dieser sein Direktionsrecht nur im Rahmen billigen Ermessens ausüben dürfe und diese Ermessensentscheidung gerichtlich voll überprüfbar sei. Diese Prüfung habe das LAG nachzuholen und die Wirksamkeit der Versetzung neu zu beurteilen.

§ 106 Gewerbeordnung: Weisungsrecht des Arbeitgebers, Satz 1
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

Hinsichtlich der Kündigung gab das BAG allerdings – wie schon die Vorinstanzen –der Arbeitnehmerin recht. Der Arbeitgeber hat sich in eine Zwickmühle manövriert. Sollte die Versetzung unwirksam sein, musste die Klägerin nicht in München arbeiten. Sollte die Versetzung wirksam sein, hätte die Beklagte den Betriebsrat der Niederlassung München zu den Kündigungen anhören müssen. Das Gericht betonte, dass eine Anhörung des falschen Betriebsrates ebenso zur Unwirksamkeit einer Kündigung führe wie eine unterlassene Anhörung.

VAA-Praxistipp

Das BAG hat mit dem Urteil seine bisherige Praxis zu räumlichen Direktionsvorbehalten fortgesetzt. Bereits in einer Entscheidung im Jahr 2008 (9 AZR 433/06) hatten die Erfurter Richter unter Hinweis auf § 106 S. 1 GewO eine nähere Konkretisierung bei einem räumlichen Direktionsvorbehalt nicht für erforderlich gehalten.

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