Dialog & Espresso: Kommt Zeit, kommt Rat
In der Serie Dialog & Espresso wirft der VAA Newsletter im Vorfeld der Betriebsratswahlen 2014 einen Blick auf einen der vielfältigsten Jobs des deutschen Wirtschaftslebens: den Betriebsrat. Bei einer Tasse Espresso werden zwei Personen gefragt, die es wi
VAA Newsletter: Frau Simon, was war der Grund, sich als VAA-Mitglied in den Betriebsrat wählen zu lassen?
Simon: Ich bin seit etwa sechs Jahren im VAA und die Arbeit des Verbandes hat mich von Anfang an sehr interessiert. [...] Hinzu kommt, dass man aus meiner Sicht gerade jetzt, wo bei Merck das Programm „Fit für 2018“ mit seinen ganzen Aktivitäten läuft, etwas tun muss. Daher war das für mich genau der richtige Zeitpunkt, um einzusteigen.
VAA Newsletter: Die VAA-Fraktion im Merck-Betriebsrat ist bei der vorgezogenen Betriebsratswahl im April 2013 nochmals deutlich gewachsen. Wie sorgt man für geeigneten Betriebsrätenachwuchs?
Lüdemann: Normalerweise sollte man damit natürlich möglichst früh anfangen. Wir hatten durch die vorgezogene Betriebsratswahl allerdings nur eine relativ kurze Vorlaufzeit. Im Januar 2013 haben wir eine Veranstaltung für VAA-Mitglieder gemacht. Wir haben vorgestellt, was die Aufgaben des Betriebsrates sind, welche Ausschussarbeiten es gibt und wie viel Zeit die Tätigkeit in Anspruch nimmt, das ganze Drumherum sozusagen.Und wir haben natürlich unser Ziel vermittelt, dass wir nochmal stark wachsen wollen. Ferner haben wir dort dazu aufgerufen, sich bei Interesse für die Betriebsratsarbeit bei uns zu melden. [...]
VAA Newsletter: Wie läuft der Wissenstransfer zwischen erfahrenen und neuen Betriebsratskandidaten ab?
Lüdemann: In einer zweiten Veranstaltung haben wir die konkreter Interessierten mit der Wahlkampfstrategie vertraut gemacht. Wir wollten mit möglichst vielen Betriebsratskandidaten einen höheren Bekanntheitsgrad erreichen und auch die persönliche Ansprache erleichtern. Denn die bringt nach unserer Erfahrung die meisten Stimmen. [...]
VAA Newsletter: Ist Ihnen diese persönliche Ansprache schwergefallen?
Simon: Sagen wir es mal so: Ich bin vom Naturell her jemand, der gern auf Leute zugeht, das liegt mir [lacht]. Trotzdem war es für mich als Neuling sehr hilfreich, dass ich beim ersten Rundgang unsere Werksgruppenvorsitzende Mechthild Auge dabei hatte. Denn am Anfang steckt man in den Themen noch nicht so tief drin und mir war es wichtig, die Inhalte richtig rüberzubringen. Durch die Begleitung am Anfang konnte ich lernen, wie man am besten argumentiert. Das war aus meiner Sicht eine sehr gute Kombination, die sowohl bei mir als auch bei meinen Miteinsteigern im Betriebsrat sehr gut funktioniert hat.
VAA Newsletter: Das Programm „Fit für 2018“ konfrontiert die Mitarbeiter bei Merck offenbar mit großen Veränderungen. Haben Sie in Ihrer bisherigen Betriebsratsarbeit schon etwas Vergleichbares erlebt?
Lüdemann: Nein, das ist eindeutig der dickste Brocken bislang. Wir hatten noch nie ein Restrukturierungsprogramm mit einem Personalabbau von über 1.000 Leuten. [...] Wir konnten erreichen, dass diese Ziele stärker über Kostenreduzierungsmaßnahmen an anderen Stellen erreicht werden und der Personalabbau geringer und sozialverträglich ausfällt.
VAA Newsletter: Welche Themen werden neben „Fit für 2018“ im Mittelpunkt ihrer Betriebsratsarbeit in dieser Wahlperiode stehen?
Lüdemann: […] Ein großes Thema ist bei uns derzeit die Arbeitsautonomie, die bei uns „mywork@merck“ heißt. Das ist vergleichbar mit Vertrauensarbeitszeit, aber mit der zusätzlichen Möglichkeit, den Arbeitsort zu wählen. […] Im AT-Bereich ist das meines Wissens einmalig in der chemischen Industrie. […]
Simon: Weitere wichtige Themen werden die Anpassung der Gehaltsbänder und die Entwicklung im AT-Bereich sein. Auch mit Diversity und den Auswirkungen der älter werdenden Belegschaft werden wir uns stärker beschäftigen müssen, wenn uns „Fit für 2018“ nicht mehr so stark beansprucht.
Christine Simon wurde im April 2013 in den Merck-Betriebsrat gewählt. Klaus Lüdemann ist seit 2006 Mitglied im Betriebsrat bei der Merck KGaA in Darmstadt.
VAA Newsletter: Herr Lüdemann, was sind die wichtigsten Erfahrungen aus Ihren letzten beiden Amtszeiten als Betriebsrat, die Sie jungen Kollegen für dieses Amt mit auf den Weg geben würden?
Lüdemann: Gerade die AT-Angestellten wären nicht gut vertreten, wenn wir vom VAA uns nicht stark engagieren würden. Die Betriebsratsarbeit ist für AT-Angestellte ja häufig nicht so geläufig. Tatsächlich muss man da langsam reinwachsen, weil es auch eine andere Thematik ist. Man hat viel mit Menschen und ihren Schwierigkeiten zu tun. Diesen Menschen zu helfen, ist ein großer Mehrwert, der für mich aus der Betriebsratsarbeit hervorgeht. [...]
Die ungekürzte Fassung des Interviews ist in der August-Ausgabe 2013 des <link internal-link internal link in current>VAA Magazins erschienen.