Arbeitszeugnis: Verwirkung des Berichtigungsanspruchs
Beantragt ein Arbeitnehmer erst zwei Jahre und acht Monate nach der Erteilung eines Arbeitszeugnisses dessen Korrektur, hat er seinen Anspruch auf Berichtigung verwirkt. Das hat das Landesarbeitsgericht Hessen klargestellt.
Ein Arbeitnehmer hatte beim Ausscheiden aus einem Arbeitsverhältnis ein qualifiziertes Arbeitszeugnis erhalten. Zuvor war er aufgefordert worden, selbst eine Tätigkeitsbeschreibung für das verlangte Zeugnis zu verfassen, von der der Arbeitgeber in dem anschließend erteilten Zeugnis allerdings abwich. Zwei Jahre und acht Monate nach Erteilung verlangte der Arbeitnehmer von seinem ehemaligen Arbeitgeber die Berichtigung des Zeugnisses. Als der Arbeitgeber dem nicht nachkam, klagte der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht auf Zeugnisberichtigung. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab.
Auch das Landesarbeitsgericht Hessen (LAG) lehnte das Ansinnen Arbeitnehmers in der Berufung ab (Urteil vom 16. Januar 2013, Aktenzeichen: 18 Sa 602/12). Die Landesarbeitsrichter verwiesen darauf, dass der Anspruch des Arbeitnehmers auf Berichtigung seines Zeugnisses zum Zeitpunkt der Geltendmachung bereits verwirkt war.
§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB):
Leistung nach Treu und Glauben
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Der für eine Verwirkung erforderliche sogenannte Umstandsmoment – also die Umstände, wegen derer der Anspruchsgegner nach einer gewissen Zeit annehmen kann, dass ein Anspruch nicht mehr geltend gemacht wird – war nach Auffassung des LAG bereits dadurch erfüllt, dass der Arbeitnehmer nicht zeitnah auf die Änderung seiner Tätigkeitsbeschreibung durch den Arbeitgeber reagiert hatte. Unabhängig davon hätte aus Sicht der LAG-Richter aber auch die lange Untätigkeit des Klägers nach Erteilung des Zeugnisses für die Annahme eines Umstandsmomentes ausgereicht. Der Arbeitgeber habe in jedem Fall darauf vertrauen dürften, dass der Arbeitnehmer mit dem von ihm erteilten Zeugnis einverstanden war.
VAA-Praxistipp
Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf die Berichtigung eines Arbeitszeugnisses, für den grundsätzlich der gesetzliche Verjährungsanspruch von drei Jahren gilt. Besondere Umstände können nach dem Grundsatz "Treu und Glauben" (§ 242 BGB) aber dazu führen, dass dieser Anspruch bereits vorzeitig verwirkt wird. VAA-Mitglieder sollten bei der Prüfung von Arbeitszeugnissen und bei der Durchsetzung eines Berichtigungsanspruches zeitnah die Unterstützung durch die VAA-Juristen in Anspruch nehmen.