Kalte Progression fast passé?
Die zentrale steuerpolitische Forderung des VAA nach Beseitigung der "kalten Progression" soll mit dem Konjunkturpaket II teilweise erfüllt werden.
Das zweite Konjunkturprogramm der Bundesregierung sieht ein 50-Milliarden-Paket zur Ankurbelung der Konjunktur vor. Eine zentrale steuerpolitische Forderung des VAA soll teilweise verwirklicht werden: Die Beseitigung der „kalten Progression“. Bereits auf der VAA-Delegiertentagung im Frühjahr 2008 hatte der VAA als größter Führungskräfteverband in Deutschland diese Forderung an die Politik gerichtet.
Dynamische Anpassung der Einkommensteuertarife
Um die Kaufkraft zu heben und die Binnennachfrage stetig und nachhaltig zu steigern, müssen die Leistungsträger mit mittleren Einkommen entlastet werden. Der VAA spricht sich deshalb für eine dauerhafte Dynamisierung der steuerlichen Eckwerte bei der Lohn- und Einkommenssteuer aus. VAA-Vorsitzender Dr. Thomas Fischer dazu: „Die Schere zwischen Brutto und Netto darf nicht weiter aufgehen.“
Inflationsbereinigt wuchs die aus Arbeitseinkommen resultierende Kaufkraft im vergangenen Jahrzehnt kaum oder war sogar rückläufig. Dennoch kam jede Lohnerhöhung einer verdeckten Steuererhöhung gleich. Grundfreibetrag und Steuerprogression blieben über die Jahre hinweg unverändert. Deshalb wurden nominale Gehaltserhöhungen durch höhere Steuersätze und die Inflation aufgezehrt, bevor sie überhaupt im Geldbeutel ankommen konnten.
Die kalte Progression abmildern
Nach den Plänen der Bundesregierung soll nun der steuerliche Grundfreibetrag um vier Prozent auf 8.004 Euro im Jahr angehoben werden. Das spürt der einzelne Steuerzahler aber kaum. Deshalb wird zusätzlich der Steuertarif geändert. Der Eingangssteuersatz sinkt von 15 auf 14 Prozent.
Bezieher mittlerer Einkommen werden von diesen Erleichterungen jedoch zu wenig spüren. Der Vorschlag der Union, den Tarifverlauf abzuflachen und so den Mittelstand zu entlasten, findet im Konjunkturpaket II keine Erwähnung.
Hauptgeschäftsführer Gerhard Kronisch wirbt daher weiter für eine vollständige Umsetzung der VAA-Forderungen: „Um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, insbesondere der mittleren Einkommensbezieher, zu stärken, ist in Zukunft eine automatische und regelmäßige Anpassung des Steuertarifs erforderlich.“
Gleichzeitig macht er sich Sorgen wegen der absehbaren Verschärfung der Verteilungskämpfe, wenn die Rechnung für das Konjunkturpaket präsentiert wird. Kronisch: „Es kann nicht sein, dass die begrüßenswerte Verringerung der Sozialabgaben vor allem durch das Vorziehen der „Rente mit 67“ refinanziert wird. Bei den nach wie vor geringen Erwerbstätigkeitsquoten im Alter ab 55 würde die Rentenpolitik ihre Glaubwürdigkeit riskieren. Politik nach dem Motto: Rente nach Kassenlage, kann und sollte sich in diesem Land niemand leisten.“
Kalte Progression
Ist die Bezeichnung für eine Steuermehrbelastung, die dann eintritt, wenn Lohnsteigerungen lediglich einen Inflationsausgleich bewirken und die Einkommensteuersätze nicht der Inflationsrate angepasst werden. Durch den progressiven Einkommenstarif wird für jeden über dem Grundfreibetrag verdienten Euro ein höherer Steuersatz fällig – das Realeinkommen sinkt.
(Quelle: Bundesfinanzministerium)