Kommentar von Dr. Birgit Schwab

Rücken zur Wand

Kommentar von Dr. Birgit Schwab

Rücken zur Wand

Die chemische Industrie in Deutschland kommt nicht aus dem Tief heraus. Sie durchlebt eine herausfordernde Phase aufgrund der gestiegenen Energiekosten und eines schwachen konjunkturellen Umfelds. Auch wenn sich die Gaspreise wieder verringert haben, hat die Branche weiterhin unter den weltweit hohen Strompreisen zu leiden. Produktion und Umsätze sinken kontinuierlich. Die Umfrage zur Lage der chemie- und Pharmabranche, die der VAA gemeinsam mit der DECHEMA durchführt hat, zeigt klar: Die Fach- und Führungskräfte sehen nicht nur die Gegenwart, sondern auch die Zukunft unter den derzeitigen industriepolitischen Rahmenbedingungen ausgesprochen negativ. Sie klagen alle über die Energiekosten und langwierige Genehmigungsverfahren. Beinahe folgerichtig setzt sich der Befund im Investitionsverhalten der Unternehmen fort: Sie lenken ihre Investitionen viel stärker ins Ausland, während in Deutschland weniger neue Anlagen entstehen. Der Trend dürfte sich fortsetzen. In diesem Jahr wollen 80 Prozent der Betriebe ihre Investitionen im Ausland auf hohem Niveau halten oder sogar noch ausbauen, ergab eine Umfrage des Verbandes der Chemischen Industrie. Nahezu 70 Prozent planen hingegen keinen Investitionsausbau in Deutschland.

Immer wieder haben wir gemeinsam mit der ULA an die Politik appelliert und sie aufgefordert, für eine Entlastung der Wirtschaft zu sorgen. Es geht jetzt um eine echte Lösung der strukturellen Probleme. Der Ernst der Lage wurde in der Politik immer noch nicht richtig verstanden. Nun mahnt auch das Institut der deutschen Wirtschaft zum wiederholten Mal bei der Politik „dringenden Handlungsbedarf“ an: Die Attraktivität des Standorts Deutschland darf nicht noch weiter erodieren.

Einige Anzeichen geben Grund zur Hoffnung. Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck haben sich mit Verbänden und Ökonomen im Bundeswirtschaftsministerium zu Gesprächen getroffen und scheinen gegen die hohen Energiepreise und die überbordende Bürokratie aktiv werden zu wollen. Auch das Thema Unternehmensbesteuerung stand auf ihrer Tagesordnung. Es ging um Steuerrabatte für Unternehmen und um Anreize für Investitionen über staatliche Finanzhilfen. Da aber die Kassen leer sind und im Bundeshaushalt schon jetzt große Löcher klaffen, werden einzelne Sparmaßnahmen nicht ausreichen, um der Wirtschaft einen Neustart zu ermöglichen. Die Politik muss erkennen, dass ein großer Wurf nötig ist. Die deutsche Wirtschaft braucht ein großes Investitionsprogramm zur substanziellen Verbesserung der Infrastruktur und zur Unterstützung der Industrie. Und sie braucht eine klug konzipierte, strategisch angelegte Industriepolitik. Hat diese Regierung noch die Kraft dazu?

ULA Intern

Kritik am neuen Rentenpaket

In dem vorgelegten Entwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sowie des Bundesministeriums für Finanzen für das sogenannte Rentenpaket II sieht die ULA in der Gesamtheit keinen geeigneten Beitrag, die Altersvorsorge in Deutschland zukunftssicher aufzustellen. Insbesondere wird die Einschätzung der Bundesregierung nicht geteilt, dass die bisherige Festschreibung des Rentenniveaus von mindestens 48 Prozent vertrauensbildend gewirkt hat. In ihrer Stellungnahme betont die ULA: Das Festhalten und geplante Fortschreiben der Haltelinie ist ein Zeichen der Mutlosigkeit, da die Finanzierbarkeit der Haltelinie nicht gegeben ist. Das Rentenpaket II ist ungerecht, weil durch die notwendigen Beitragssteigerungen insbesondere die jungen Generationen massiv belastet werden. Es schwächt den Wirtschaftsstandort, der durch die weiter steigenden Sozialbeiträge und Steuern nochmals an Attraktivität im globalen Wettbewerb um dringend benötigte Fachkräfte verlieren wird. Erforderliche Reformen zur Systemstärkung werden hingegen unterlassen und in die Zukunft verlagert.

Die ULA-Arbeitsgruppe Zukunftssichere Altersvorsorge hatte sich zuvor mit einer von Prof. Christian Hagist verfassten aktuellen Studie zur Tragfähigkeit der Sozialversicherung befasst. Dieser zeigte in der Sitzung auf, dass bereits bei Fortschreibung der Leistungsansprüche des Status quo der Gesamtbeitragssatz von heute 40,9 auf über 50 Prozent im Jahre 2050 ansteigen würde. Dies sei ein hypothetisches Szenario, denn durch die steigenden Beitragssätze würde ein „Kipppunkt“ erreicht, bei dem die junge Generation den Generationenvertrag einseitig aufkündigen und sich in Schwarzarbeit oder Auswanderung verabschieden werde.

Die ULA-Stellungnahme ist abrufbar unter www.ula.de/themenkategorie/positionen.

Zukunft der Pflegeversicherung

Mehr Eigenvorsorge und betriebliche Lösungen nötig

Beim Pflegegipfel Anfang Februar 2024 haben Expertinnen und Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft mehr private und betriebliche Vorsorge für die Pflege gefordert. Ihre Empfehlung: kapitalgedeckte Zusatzversicherungen als ergänzende Säule zur Gesetzlichen Pflegepflichtversicherung. So würden die Soziale Pflegeversicherung finanziell entlastet und die hohen Kosten für Pflegebedürftige nachhaltig abgesichert. An der vom PKV-Verband, vom Deutschen Führungskräfteverband ULA sowie von der Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen ausgerichteten Hybridveranstaltung waren insgesamt 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer persönlich in Berlin dabei sowie rund 300 Gäste digital zugeschaltet.

Die große Mehrheit der Deutschen (80,7 Prozent) glaubt nicht, dass sie durch die Gesetzliche Pflegeversicherung im Bedarfsfall ausreichend finanziell abgesichert sind. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Civey-Instituts im Auftrag des PKV-Verbands. Um die hohen Pflegeeigenanteile bezahlbar abzusichern, plädierte deshalb der Vorsitzende des Expertenrats „Pflegefinanzen“ Prof. Jürgen Wasem für die Einführung einer obligatorischen, kapitalgedeckt finanzierten Zusatzversicherung („Pflege-Plus“). Sie soll einen automatischen Inflationsausgleich (Dynamisierung) bieten, Kinder beitragsfrei stellen sowie Rentnerinnen und Rentner zum halben Beitrag versichern. Laut Wasem liegt der Ball nun im Feld der Politik: „Es liegt ein Vorschlag für eine verpflichtende, mit konkreten Beiträgen hinterlegte Zusatzversicherung auf dem Tisch, die die Eigenanteile an den Pflegekosten sozial abfedert und generationengerecht finanziert.“

Neben privaten Vorsorgeprodukten gibt es inzwischen auch zahlreiche betriebliche Angebote. Sie treffen bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf großes Interesse: 75 Prozent sehen eine vom Arbeitgeber angebotene betriebliche Pflegeversicherung (bPV) positiv, ergab die Civey-Umfrage. Besonders gut kommen solche Zusatzleistungen bei den Jüngeren an (88 Prozent bei den 18- bis 29-Jährigen). 55 Prozent halten eine bPV für attraktiver als ein Diensthandy oder ein Ticket für den Nahverkehr. 35 Prozent der Befragten finden eine betriebliche Pflegeversicherung sogar besser als eine Gehaltserhöhung.

Die Geschäftsführerin des Bundesarbeitgeberverbands Chemie (BAVC) Petra Lindemann betonte: „Betriebliche Pflege-Vorsorgelösungen sind eine tarifpolitische Antwort auf den demographischen Wandel.“ Damit ließen sich viele Menschen gegen das Pflegerisiko absichern. Der Chemiebranche kommt hier eine Vorreiterrolle zu. Seit 2021 sind durch die tarifliche Einigung der Sozialpartner mittlerweile über 440.000 Beschäftigte über ein betriebliches Modell im Pflegefall mit monatlich bis zu 1.000 Euro abgesichert.

„Die gesetzliche Pflegeversicherung deckt nur einen Teil der Pflegekosten im Alter ab“, hob ULA-Vizepräsidentin Susanne Schebel in ihrer Begrüßung hervor. „Jeder sollte daher zusätzlich privat vorsorgen.“ Die passenden Vorsorgewege müssen aus Sicht der Führungskräfteverbände vielfältig gestaltet sein. „Betriebliche Pflegezusatzversicherungen können wegweisende Lösungen sein. Diese sollten dabei allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gleichermaßen zugutekommen. Hierfür wollen wir gemeinsam werben.“

Für mehr Eigenverantwortlichkeit in der Pflegevorsorge plädierte der Direktor des PKV-Verbands Florian Reuther: „Die Politik wäre nun gut beraten, für die betrieblich erprobten Versicherungslösungen gute Rahmenbedingungen zu setzen und die von den Experten empfohlene Vorsorge für die Pflegeeigenanteile auf den Weg zu bringen.“ Noch sei Zeit dafür, ergänzte der Vorsitzende der Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen (GRPG) Prof. Volker Ulrich. Weil das Pflegerisiko anders als das Krankheitsrisiko vor allem ein Hochaltersrisiko darstelle, sieht Ulrich als geeignete Lösung für den Ausbau der Pflegevorsorge vor allem eine kapitalgedeckte und damit generationengerechte Finanzierung des Pflegerisikos.

Beim Pflegegipfel wurden die Empfehlungen der Expertinnen und Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft kontrovers diskutiert. In einer „Politischen Runde“ waren Politikerinnen und Politiker aus den Bundestagsfraktionen der Ampelkoalition sowie der CDU/CSU zu Gast. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Bundestagsfraktion Christine Aschenberg-Dugnus hob hervor, dass bei der künftigen Finanzierung der Sozialen Pflegeversicherung vor allem jüngere Generationen nicht überlastet werden dürften. Eine demografiefeste Finanzierung sei nur mit ergänzenden, kapitalgedeckten Bausteinen realisierbar.

Dem stimmte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Tino Sorge zu. Für ihn müsse die Pflegeversicherung ebenfalls auf ein breiteres Fundament gestellt, das heißt durch weitere Säulen ergänzt werden. Geeignet dafür seien sowohl private als auch betriebliche Pflegezusatzversicherungen, die Sorge allerdings auf freiwilliger Basis und nicht verpflichtend anbieten will.

Auch Heike Baehrens, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, sieht in betrieblichen Lösungen durchaus Potenzial. Tarifliche Einigungen wie CareFlex, der arbeitgeberfinanzierten Pflegezusatzversicherung aus der Chemieindustrie, bezeichnete sie als „wertvolle Ergänzungen“ zur gesetzlichen Pflegeversicherung.

Eine Aufzeichnung des Pflegegipfels 2024 ist bei YouTube online abrufbar. Weitere Bilder gibt es auf der ULA-Website unter www.ula.de.

„Die Lohnnebenkosten haben sich hierzulande leider längst zu einer ‚Quasi-Steuer‘ auf Leistung und Erfolg entwickelt, die unsere ohnehin unter Druck stehende Wettbewerbsfähigkeit gefährdet, ohne zugleich den Bürgern die gewünschte Sicherheit und Versorgung zu garantieren.“

Roland Angst, ULA-Präsident.

Pro und contra

Reform der Steuerklassen: Werden Familien benachteiligt?

Zurzeit arbeitet das Bundesfinanzministerium an einer Reform zur Abschaffung der von vielen Ehepaaren genutzten Steuerklassen III und V. Ziel der Bundesregierung ist es, die Begünstigung des besserverdienenden Partners zu beenden und mehr Fairness zu schaffen. Das Vorhaben ist umstritten und wird von der Opposition kritisiert. Die ULA Nachrichten haben zwei führende Köpfe aus der Politik um ihre Einschätzung gebeten.

Katja Hessel (FDP), Mitglied des Bundestags und Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen:

Das Wichtigste zuerst: Nach der Reform der Steuerklassen werden Paare in Summe nicht mehr Steuern zahlen müssen, die Steuerlast bleibt gleich! Warum machen wir das Ganze dann überhaupt: Es geht darum, das Nettogehalt beider Verdiener fairer aufzuteilen. Das Ziel ist einfach und gleichzeitig sehr wichtig: Arbeiten soll sich für alle lohnen. Gerade auch für Frauen. Das unterstützen wir mit der Reform der Steuerklassen – denn bislang war es oft vor allem für Frauen wenig attraktiv, mehr zu arbeiten, wenn ihnen in der Steuerklasse V hohe Abzüge drohten. In der herausfordernden wirtschaftlichen Lage dürfen wir das riesige Potenzial von Frauen für den Arbeitsmarkt nicht länger brachliegen lassen! Das starre System der Steuerklassenkombination III/V, das auch nur selten zu tatsächlich richtigen Ergebnissen im Lohnsteuerabzug führt, war da schon immer hinderlich. Das neue System wird auch viel näher an der Realität liegen: Das Faktorverfahren wird so verbessert werden, dass hohe Nachzahlungen ausbleiben, die bislang bei der Kombination III/V häufig auftraten. Viele Leistungen des Staates orientieren sich am Nettogehalt – beispielsweise Lohnersatzleistungen wie das ALG 1: Dass es hier zu keinen Unwuchten kommt, werden die Sozialressorts mit Anpassungen und Übergangsregeln gewährleisten. Damit vermeiden wir unbeabsichtigte Folgewirkungen oder gar persönliche Härten. Das alles zeigt: Niemand wird durch diese Reform benachteiligt, ganz im Gegenteil, wir machen den Steuerabzug fairer, das Faktorverfahren zielsicherer und setzen neue Anreize, sodass sich Arbeiten mehr lohnt.

Antje Tillmann, Finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion:

Die Steuerlast ist über das Jahr gesehen gleich hoch, egal welche Steuerklassen die Partner wählen. Nur unterjährig kommt es zu Unterschieden, weil in Klasse 3 monatlich weniger Lohnsteuer einbehalten wird. Ehepaare, die keinen gemeinsamen (!) Antrag auf die Steuerklassen 3/5 stellen, werden automatisch in 4/4 eingereiht. Die Steuerklassenwahl erfolgt freiwillig. Paare müssen in vielen Bereichen finanzielle Themen miteinander besprechen, so zum Beispiel ob sie ein gemeinsames Konto führen wollen oder von welchem Konto laufende Kosten wie Miete, Hauskredit oder Kindergartengebühren abgehen. Warum sollten sie das nicht in ihrem gemeinsamen Sinne auch bei den Steuerklassen tun? Bei Abschaffung der Steuerklassen 3/5 hätten Ehepaare künftig zumindest unterjährig weniger Geld zur Verfügung. Die Frage nach der Aufteilung der laufenden Kosten bleibt aber. Tatsächlich endgültige finanzielle Auswirkungen hat die Steuerklassenwahl aber bei den Lohnersatzleistungen: Informierte Eltern wählen die Steuerklassen vor der Geburt ihrer Kinder so, dass sie ihren Anspruch auf Elterngeld voll ausschöpfen können. Eine Streichung der Steuerklassen hat eine endgültige Kürzung des Elterngelds und aller anderen Lohnersatzleistungen zur Folge. Hier sehe ich allerdings tatsächlich ein Problem, weil Eltern, die sich nicht so gut auskennen, diese Möglichkeit nicht nutzen. Wir brauchen hier noch mehr Aufklärung. Als Steuerberaterin ist mein Appell an alle Paare ohnehin: Überlassen Sie finanzielle Entscheidungen nie ausschließlich Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner!

Gastbeitrag

Erwartungen der Gen Z an den ersten Arbeitsplatz aus erster Hand

von Hannah Marie Steen

Die Bedeutung des ersten Arbeitsplatzes nach Abschluss einer Ausbildung ist unbestreitbar groß. Dieser Schritt ist ein Meilenstein im beruflichen Werdegang und prägt die berufliche Identität und Zukunft. Er fungiert als Wegweiser für die Karriere und legt den Grundstein für die nachfolgende sowohl persönliche als auch professionelle Weiterentwicklung. Was viele dabei vergessen: Es ist ein Schritt, der von zahlreichen Erwartungen begleitet wird. Eine kreative, produktive und motivierte Arbeitsatmosphäre, die wir uns alle wünschen, ist leider keine Selbstverständlichkeit. Auch wenn ein solcher Idealzustand im Alltäglichen nicht zu 100 Prozent eingelöst werden kann, ist der Weg dorthin doch ein Muss, damit der erste Arbeitsplatz nicht nur eine kurze Durchgangsstation wird.

Der erste Job stellt für viele junge Erwachsene eine prägende Erfahrung dar, die mit zahlreichen neuen Ansichten und Erlebnissen verbunden ist. In dieser Phase werden Fähigkeiten wie Teamarbeit, Durchhaltevermögen und Motivation auf die Probe gestellt. Es ist ein Abschnitt in dem sich zeigt, welchen Eindruck man bei Kolleginnen und Kollegen, Führungskräften und potenziellen Kundinnen und Kunden hinterlässt. Die Bewältigung berufsspezifischer Aufgaben ermöglicht den Neulingen, ihr in der Ausbildung erworbenes Wissen, in einem geschäftlichen Kontext anzuwenden. Und es zeigt eben auch, was von dem gegenwärtigen Arbeitgeber zu halten ist.

Motivierende Arbeitgeber

Arbeitgebende können eine besonders motivierende Rolle spielen, indem sie mögliche Karrierepfade und berufliche Weiterentwicklungen erläutern und greifbar machen. Transparenz in Bezug auf individuelle Karrieremodelle ist hier entscheidend. Von vielen Anfängerinnen und Anfängern wird eine Leadershiprolle heute nicht mehr als zwingend notwendig betrachtet. Wer dies ändern möchte, sollte für Führungspositionen und Aufgaben mit hoher Verantwortung frühzeitig begeistern können.

Arbeitskultur

Gern wird der Generation Z – und zukünftig auch der Generation Alpha – von Eltern, Lehrenden und Firmen nachgesagt, dass sie hohe Ansprüche an ihre Abreitgebenden stellen. Während es zweifellos Berufseinsteigende gibt, welche unrealistische und unbegründete Erwartungen an ihren ersten Arbeitgeber stellen, sind einige ihrer Wünsche durchaus verständlich. Hierzu zählen Diversität, Flexibilität, Autonomie, Transparenz, Anerkennung und Weiterentwicklung. Eine gesunde Arbeitskultur ermöglicht nicht nur Neulingen, sich weiterzuentwickeln, sondern erlaubt es auch, dass sie von den Werten des Unternehmens geprägt werden. In der heutigen Zeit, in der viele Arbeitgebenden ihre Arbeitskultur offen kommunizieren, fällt es jungen Erwachsenen leichter, gezielt zu wählen. Besonders herausragend sind dabei Organisationen, die nicht nur kundenorientiert denken, sondern auch ihre Beschäftigten aktiv einbinden.

Work-Life-Balance

In Zusammenhang mit der Flexibilität, ist eine sogenannte Work-Life-Balance für alle von Interesse, welche „die Ausgewogenheit von beruflichem und nicht beruflichem Dasein des Menschen thematisiert und eine wie auch immer im Detail definierte Balance zwischen diesen beiden Lebenswelten anstrebt“ (Leadership Insiders, 2021).

Die Work-Life-Balance hat bei jungen Menschen einen neuen Stellenwert erhalten. Die Zeit nach der Arbeit wird genutzt, um Freunde zu treffen, Sport zu treiben, zu tanzen oder einfach zu entspannen. Krisen und Katastrophen, die unser Jahrhundert prägen, mögen dafür verantwortlich sein, die Freizeit bestmöglich zu nutzen. Vielleicht resultiert dieser Wandel aber auch bloß aus einem veränderten Verständnis eines gesunden Lebens mit weniger Stress und viel Freude. Wenn ein Arbeitgeber keine Möglichkeit zur Ausgewogenheit bietet, rücken automatisch solche Arbeitgeber in den Fokus, die das Konzept der Work-Life-Balance integrieren.

Innovations- und Gestaltungsmöglichkeiten

Eine weitere Erwartung spiegelt sich darin wider, dass Unternehmen offen gegenüber Veränderungen sind. Der Arbeitsmarkt steht unter ständigem Wandel aufgrund verschiedener politischer, sozialer, wirtschaftlicher oder ökologischer Einflussfaktoren. Dementsprechend bilden sich auch für Unternehmen neue Ansätze, um ihre Geschäftsmodelle zu gestalten und wettbewerbsfähig zu bleiben. Hierbei spielen Berufseinsteigende eine wichtige Rolle, da sie eine frische Perspektive und innovative Ideen mitbringen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Unternehmen diese Dynamik nicht nur erkennen, sondern auch schätzen und fördern.

Nachhaltigkeit

Das Bewusstsein für die Klimakrise ist heute weitverbreitet. Mit steigenden CO2-Emissionen schreitet der Klimawandel voran und beeinflusst unser Leben auf der Erde. Wetterextreme, Naturkatastrophen, Ressourcenknappheit und gefährdete Biodiversität sind nur einige der Folgen. Da staatliche Regulierungen bisher nicht ausreichend sind, liegt die Verantwortung nun bei den Hauptverursachern der hohen CO2-Emissionen – den Unternehmen. Maßnahmen zum Klimaschutz entwickeln sich firmenintern ständig weiter, wobei Begriffe wie CSR (Corporate Social Responsibility) und ESG (Environmental, Social and Governance) eine entscheidende Rolle spielen. In einer Zeit, in der die Zukunft bezüglich des Einflusses der Klimakrise für junge Erwachsene unsicher ist, gewinnen gut kommunizierte und tatkräftige Klimaschutzmaßnahmen an Bedeutung.

Flexible Arbeitsbedingungen – Homeoffice

Durch die COVID-19-Pandemie hat sich die Arbeitsweise vieler Unternehmen erheblich verändert. Das Homeoffice hat an Bedeutung gewonnen und den Arbeitsalltag vieler Beschäftigten nachhaltig beeinflusst. Für Familien ist dies sicherlich ein positiver Effekt gewesen, da der Arbeitsalltag mit den üblichen Tätigkeiten eines Elternteils flexibel vereint wurde. Auch für junge Menschen war es zunächst aufregend und vorteilhaft, da der Wecker später klingelte, der Weg zum Arbeitsplatz verkürzt wurde und legere Arbeitskleidung an der Tagesordnung war. Jedoch hat der eine oder die andere schnell festgestellt, dass insbesondere für Berufseinsteiger der Lerneffekt und die Motivation abnahmen. Erste praktische Berufserfahrungen mit mehr Homeoffice haben gezeigt, dass die Kommunikation zwischen Mitarbeitenden sowie das Verhältnis zu Arbeitskolleginnen und -kollegen unter den Bedingungen leiden. Die Kommunikation ist stark von der Onlineverfügbarkeit der jeweiligen Kontaktperson abhängig. Fragen müssen in einen Chat geschickt werden, was dazu führt, dass sie leichter übersehen oder ignoriert werden können. Auch das Führen und Pflegen zwischenmenschlicher Beziehungen gestaltet sich im Homeoffice schwieriger. Eine Mittagspause gemeinsam zu verbringen und jegliche Themen zu besprechen erschwert sich. Natürlich gibt es bereits Lösungsansätze und Alternativen wie Onlinemittagspausen, wöchentliche Meetings und Updategespräche. Können diese jedoch den persönlichen Kontakt und den damit verbundenen Lerneffekt wirklich ersetzen?

Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass die Erwartungen an den ersten Arbeitsplatz groß sind. Mit dem Wandel der Marktbedingungen gehen Änderungen in dem Verhalten der Arbeitnehmerinnen  und Arbeitnehmer einher. Wie und ob Arbeitgeber auf diesen Umbruch reagieren, ist den Unternehmen überlassen. Welchen Arbeitgeber die Berufseinsteigenden wählen, aber auch.

Hannah Marie Steen ist Creative-Industries-Management-Studentin an der SRH Berlin University of Applied Sciences. Neben dem Studium arbeitete Steen bis März 2024 als Studentische Hilfskraft an der FernUniversität in Hagen und dort am Lehrstuhl für BWL, insbesondere Personalführung und Organisation, von Prof. Jürgen Weibler.

Aktuelle Seminare

FKI sorgt für Karrierevorsprung

Für Fach- und Führungskräfte bietet das Führungskräfte Institut (FKI) zahlreiche maßgeschneiderte Weiterbildungsseminare an. Die ULA Nachrichten stellen eine kleine Auswahl vor. Informationen zur Anmeldung gibt es auf www.fki-online.de.

Souverän präsentieren und auftreten – Vertiefungsseminar
17. April 2024 – Webseminar – anderthalb Stunden

Umfangreiches Fach- und Führungswissen zu haben, ist gut. Es so zu präsentieren, dass sich Zuhörer und Gesprächspartner angesprochen und überzeugt fühlen, ist besser. Referent Peter A. Worel zeigt in diesem Seminar, wie Menschen deutlich wirkungsvoller als der Durchschnitt kommunizieren und sich präsentieren können.

Abfindungen – effizient gestalten durch Optimierung
14. Mai 2024 – Webseminar – zwei Stunden

Verlassen Beschäftigte und Führungskräfte ihr Unternehmen gegen Zahlung einer Abfindung, können sie durch die richtige Gestaltung hohe Steuerersparnisse erzielen. In diesem Seminar erläutern Rechtsanwalt Gerhard Kronisch, Finanzexpertin Marion Lamberty und Steuerberater Lutz Runte die wichtigsten Grundlagen.

Führung – klug delegieren und Konflikte lösen
23. Mai 2024 – Webseminar – zwei Stunden

Moderne Führungskräfte sollten die Erwartungen der Arbeitgeber, Kunden und Beschäftigten erfüllen. Gleichzeitig verlangen der permanente Wandel und die knappe Zeit ein anderes Rollen- und Führungsverständnis. Managementcoach Michael Fridrich erklärt, wie man als Führungskraft erfolgreich delegiert und Konflikte löst.

Vorschau der ULA-Termine

2024 führt die ULA regelmäßig Veranstaltungen zu verschiedenen Themen aus Politik, Wirtschaft und Arbeit durch, die für Führungskräfte und alle Mitglieder der ULA-Verbände relevant sind.

2. Deutscher Führungskräftetag
„Führung mit Intelligenz“

Datum: 13. Juni 2024
Ort: Berlin, Hessische Landesvertretung beim Bund

Alle Informationen zu den Veranstaltungen und zur Anmeldung sind unter www.ula.de zu finden.

Erweitertes Informationsangebot
Alle vier bis sechs Wochen informiert die ULA noch aktueller und umfassender über die politischen Arbeitsschwerpunkte in Berlin und Brüssel, die neuesten Trends im Bereich Führung sowie bevorstehende Veranstaltungen. Hierzu können die ULA Nachrichten – in Ergänzung zur gedruckten Fassung – auch kostenfrei als Newsletter bezogen werden. Die Registrierung erfolgt einfach und bequem online unter: www.ula.de/news/ula-nachrichten.