Klimapolitik: Ganz alleine geht’s nicht!
Der Klimagipfel in Doha war papierlos. Mehr als zwei Millionen Blatt wurden eingespart, weil weniger ausgedruckt wurde als bei den bisherigen Gipfeln. 250 Bäumen soll auf diese Weise das Schicksal als geduldiges Medium zäher Verhandlungen vorläufig erspart worden sein. Ein kleiner Schritt und Beitrag zum Klimaschutz. Leider dürfte der Gipfel selbst nicht als großer Schritt für die Menschheit im Gedächtnis bleiben.
Die Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls wurde bis 2020 verlängert. Allerdings beteiligen sich an der zweiten Kyoto-Phase fast ausnahmslos europäische Staaten. Lediglich Australien stellt seinen Klimafußabdruck mit auf die Waage. Im Ergebnis vereinen die Unterzeichner nicht einmal 15 Prozent der globalen CO2-Emissionen auf sich. Dagegen steigen die Emissions-Schwergewichte Russland, Japan und Kanada aus. Die Vereinigten Staaten – Spitzenreiter beim Pro-Kopf-Ausstoß – waren schon bei der ersten Runde nicht dabei. Aus der Vorreiterolle der EU beim Klimaschutz droht ein Kampf auf verlorenem Posten zu werden.
Dem Kyoto-Protokoll von 1997 lag eine einfache Überlegung zu Grunde: die Industrieländer wurden als erste zur Reduktion verpflichtet. Sie hatten beim Aufbau ihres Wohlstandes bereits erheblich Treibhausgas emittiert. Für die Schwellen- und Entwicklungsländer wurden keine Reduktionsziele vereinbart. Ihnen wurde ein gewisser „Nachholbedarf“ zugestanden. Wäre das Protokoll auch in den Vereinigten Staaten ratifiziert worden, hätte es fast zwei Drittel der weltweiten Emissionen von 1990 abgedeckt. Schaut man sich aber an, welche Entwicklung sich seitdem vollzogen hat, wird eines schnell klar: Die fehlende Beteiligung der USA ist inzwischen nicht mehr der größte Hemmschuh für das Zustandekommen eines umfassenden Klimaschutzabkommens. Seit das Kyoto-Protokoll verabschiedet wurde ist der Anteil der USA am globalen CO2-Ausstoß von rund einem Viertel auf 16 Prozent gesunken.
Zum traurigen Spitzenreiter ist derweil China aufgestiegen, dessen Anteil sich im gleichen Zeitraum auf 28 Prozent nahezu verdoppelt hat. Mag der Ansatz des Kyoto-Protokolls also vor 15 Jahren nachvollziehbar gewesen sein, ist er seitdem von der Realität überholt worden. China ist inzwischen nicht nur der mit Abstand größte CO2-Emitent der Welt, sondern hat Europa auch beim CO2-Ausstoß pro Kopf eingeholt. Ohne Beteiligung der Schwellenländer ist längst keine sinnvolle Klimaschutzpolitik mehr möglich. Mit der Verlängerung des Kyoto-Protokolls ist in Doha also nur das Minimalziel erreicht worden: die internationalen Klimaverhandlungen mussten (noch) nicht für gescheitert erklärt werden. Auf dem Weg zum einem umfassenden Klima-Abkommen ist es aber erneut bei Absichtserklärungen geblieben. Und während der Bundesumweltminister laut darüber nachdenkt, weiter allein mit gutem Beispiel voranzuschreiten und die EU-Klimaschutzziele einseitig zu verschärfen, steigen die weltweiten Treibhausgasemissionen weiter.
Lange wird sich Europa dies nicht mehr leisten können, denn Energiepolitik ist nun einmal ein Wettbewerbsfaktor. Auch deshalb müssen die europäischen Staaten deutlich mehr als bislang dafür tun, die Schwellenländer mit ins Boot zu holen. Die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen verankert völkerrechtlich verbindlich das Ziel, einen gefährlichen und menschlich verursachten Eingriff in das Klimasystem der Erde zu verhindern. Papierlose Klimagipfel werden dafür nicht ausreichen.