Horst Angeletti - Blick aufs Räderwerk
Horst Angeletti weiß viel. Als Controller bei der BASF beantwortet der 47-Jährige für den größten Chemie-Konzern der Welt die einfach klingende Frage: Wie läuft’s?
„Wir stellen hier monatlich für das Management die Geschäftslage dar.“ Angeletti sagt das in seiner ruhigen und sachlichen Art, als würde er über das Wetter sprechen und nicht über einen Jahresumsatz von über 62 Milliarden Euro im Jahr 2008. Er nimmt sich stets einen kurzen Moment Zeit, bevor er eine Frage beantwortet, wägt seine Worte sorgsam ab.
Studiert hat Angeletti Informatik in Kaiserslautern. Als er 1988 nach dem Studium bei der BASF in Ludwigshafen im Bereich IT anfing, war diese Branche noch weitestgehend Neuland. Heute gehen Projekte auf den weltweiten Datenautobahnen hin und her und schaffen so rund um die Uhr Produktivität, aber auch internationalen Konkurrenzdruck. Damals ging es um Ortsgebundeneres. Angeletti - zwischenzeitlich in den Bereich Security gewechselt - war mittendrin, als die elektronische Unterstützung des Werksschutzes aufgebaut wurde.
Als einige Jahre später geeignete junge Leute für die Abteilung Corporate Controlling gesucht wurden, sprach man Angeletti an. Der sagte zu und hat es nicht bereut. Bei seiner Tätigkeit im konzernweiten Controlling erlebt er hautnah, wie ein weltweit agierender Konzern gesteuert wird und das fasziniert ihn.
Das Herz der BASF kennt Angeletti aber noch aus einer anderen Perspektive. Seit 2002 ist er Mitglied im Betriebsrat der BASF SE am Standort Ludwigshafen, der seine ganz eigene Dimension hat: 33.000 Mitarbeiter, davon fast 5.000 nicht-leitende AT-Angestellte. Um deren Interessen zu vertreten, sitzen Angeletti und drei weitere VAA-Mitglieder in dem 53-köpfigen Betriebsrat. Die Rolle der VAA-Fraktion analysiert Angeletti ganz nüchtern: „Die IG BCE hat durchaus sehr gute Fachleute in ihren Reihen, von denen einige selbst ATler sind. Aber die müssen immer auf das gesamte Spektrum Rücksicht nehmen, die AT-Angestellten werden für die IG BCE immer eine Randgruppe sein. Wir können viel klarer Stellung beziehen.“
Er hat beobachtet, dass AT-Angestellte bei Problemen häufig lieber die VAA-Betriebsräte ansprechen, die die Gepflogenheiten im AT-Bereich aus eigener Erfahrung kennen. Bei typischen AT-Themen wie Gehalts- und Altersvorsorgesystemen bringt Angeletti zudem die entsprechende Sachkompetenz mit. „Diese Systeme sind beliebig komplex, da muss man ein Gefühl für Zahlen haben. Bei mir bringt das der Job mit sich“, sagt er und trotz seines sachlichen Tons schleicht sich ein Lächeln in sein Gesicht.
Wie beim Controlling sind es die Einblicke in das große Ganze, die Angeletti an der Betriebsratsarbeit besonders reizen. „Wenn man in einem Unternehmen wie der BASF SE arbeitet, dreht man ein kleines Rädchen in einem komplexen Räderwerk, sieht aber möglicherweise das Räderwerk nicht. Im Betriebsrat bekommt man eine neue, umfassendere Sicht auf die Dinge.“
Frischer Wind muss sein
Diese Möglichkeit, wichtige Themen und Projekte und die damit verbundenen Auswirkungen für die Belegschaft kennen zu lernen, will Angeletti auch jüngeren VAA-Mitgliedern zugänglich machen. Auf der VAA-Liste für die Betriebsratswahlen 2010 stehen deshalb auch die Namen jüngerer Kollegen. Wieder lässt sich Horst Angeletti dabei von ganz rationalen Erwägungen leiten: „Ich habe selber Kinder und weiß: Junge Leute haben zum Teil ganz andere Interessen und Ideen und die kann ich möglicherweise nur unzureichend abdecken. Also muss frischer Wind her.“
Das Engagement im Betriebsrat muss allerdings zurückstehen, wenn Angelettis Job als Controller seinen Tribut fordert: „Wenn das Management mal wieder ad hoc noch ein paar Dinge geklärt wissen will, lässt man alles stehen und liegen, dann müssen andere Termine hinten anstehen.“
Weil dabei manchmal viel Druck entsteht, schafft sich Horst Angeletti durchs Rennrad-Fahren sportlichen Ausgleich. Auch das hat er sich genau überlegt. Die Pfalz sei schließlich nicht nur ein hervorragendes Weinanbaugebiet, sondern auch ein ideales Terrain zum Radfahren. Nach Osten zum Rhein hin alles flach, im Westen locken die Anstiege des Pfälzer Walds mit vielen Höhenmetern. Da biete sich das Fahrradfahren an, erklärt er und lacht.