EU-Finanzpolitik: Kann der Weg das Ziel bleiben?

Auch die EU-Kommission ist skeptisch eingestellt und warnt vor Risiken für europäische Finanzplätze im globalen Wettbewerb. Untätig ist die Kommission deshalb in der Steuer- und Finanzpolitik keineswegs. Die prekäre EU-Haushaltslage dient als willkommener Anlass oder Vorwand im permanenten Kampf um die Festigung und Erweiterung der eigenen Kompetenzen gegenüber den Mitgliedsstaaten. Erst kürzlich hatte EU-Kommissar Janusz Lewandowski die Schaffung einer EU-Steuer angeregt. Der Aufschrei war – erwartungsgemäß – groß. Eine eigene EU-Steuer ist unpopulär, auch in Deutschland. Auch ein Wolfgang Schäuble warnt vor dem drohenden Souveränitätsverlust und der Transferunion, die es zu verhindern gelte. Ein eigenes Steuerheberecht der EU würde sie vermutlich endgültig in Richtung eines föderalen Staatswesens steuern.

Die Transferunion als Vorstufe eines EU-Steuerstaates ist indes näher, als man das Wahlvolk glauben lassen mag. Das im Zuge der Griechenland-Krise aufgelegte 750-Milliarden-Euro-Programm zur Stabilisierung des Euros – und, ganz nebenbei, auch etlicher westeuropäischer Banken, die zahlreich in griechischen Staatsanleihen investiert waren – kann de facto den Einstieg in ein koordiniertes EU-internes Transfersystem bedeuten. Ergänzt man den Rettungsschirm durch die geplante Reform des Stabilitätspaktes, wonach die 27 EU-Finanzminister ihre jeweiligen Budgetpläne vorab mit der EU abstimmen müssen, zeichnen sich zusehends Konturen einer Europäischen Wirtschaftsregierung am EU-Horizont ab. Dies birgt erhebliche politische Risiken. Wie sollen etwa Griechen und Deutsche unter den heutigen Bedingungen in eine sinnvolle politische Diskussion über das sie inzwischen gleichermaßen berührende Thema der griechischen Haushaltskonsolidierung treten? Ex-Außenminister Joschka Fischer hat in einer berühmten Rede an der Berliner Humboldt-Universität die Frage nach der Finalität Europas aufgeworfen: Sie stellt sich dringender denn je!

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