"Big Brother" im Labor?
Videoüberwachung im Betrieb ist grundsätzlich zulässig
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich befugt, eine Videoüberwachung im Betrieb einzuführen, wenn er die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats wahrt. Zwischen den Persönlichkeitsrechten der Arbeitnehmer und den Eigentumsrechten des Arbeitgebers muss dabei ein Ausgleich gefunden werden. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 26.08.2008 entschieden (1 ABR 16/07). Zu beachten ist laut BAG insbesondere das in Art. 2 Absatz 1 in Verbindung mit Art 1 Absatz 1 Grundgesetz (GG) gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht. Dieses umfasst auch das Recht am eigenen Bild. Ein Eingriff ist nur dann zulässig, wenn er dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt. Das heißt: Der Eingriff muss geeignet, erforderlich und unter Berücksichtigung der gewährleisteten Freiheitsrechte angemessen sein, um den erstrebten Zweck zu erreichen.
Präventive Übewachung ist unzulässig
Doch wie weit darf die Videoüberwachung genau gehen? Schaut „Big Brother“ bald auf jeden Schreibtisch? Das BAG erteilt diesem Szenario eine klare Absage. Überwachung per Video ist nur zulässig, wenn ein auf konkrete Personen bezogener Verdacht einer strafbaren Handlung vorliegt. Eine verdachtsunabhängige, rein präventive Inbetriebnahme von Überwachungsanlagen ist nicht möglich.
Des Weiteren muss die Videoüberwachung räumlich und zeitlich beschränkt sein. Diese Voraussetzungen müssen insbesondere dann erfüllt sein, wenn die Videoanlage für Arbeitnehmer nicht erkennbar ist.
"Gefühl des Überwachtwerdens"
Das BAG bezieht sich hier auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG 11.03. 2008, 1 BvR 2074/05). In diesem stellte das Gericht fest, dass Arbeitnehmer durch Videoaufzeichnungen im Betrieb einem ständigen Überwachungs- und Anpassungsdruck unterliegen. Dieses „Gefühl des Überwachtwerdens“ sei mit Einschüchterungseffekten verbunden, die zu Beeinträchtigungen bei der Ausübung von Grundrechten führen könnten.
Einigen sich Arbeitgeber und Betriebsrat - etwa im Rahmen einer Einigungsstelle - auf eine Videoüberwachung, sollten sie dabei zurückhaltende sein: Wenn eine zeitlich beschränkte Überwachung keinen Ermittlungserfolg gebracht hat, darf sie nicht auf einen längeren Zeitraum ausgedehnt werden. Unzulässig ist des Weiteren eine Ausweitung der Videoüberwachung auf alle Arbeitnehmer.