Rohstoffe: Kollabieren der Märkte ist unwahrscheinlich
Für die Zukunft des Industrielandes Deutschland ist die langfristige und zuverlässige Versorgung mit mineralischen Rohstoffen essenziell. Dazu hat der VAA noch vor den jüngsten Turbulenzen an den Rohstoffmärkten mit Dr. Peter Buchholz von der Bundesan
VAA: Wie werden sich die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten auf die zukünftige Rohstoffsituation auswirken?
Buchholz: Für mineralische Rohstoffe sehen wir die Situation entspannt. Die arabischen Länder Nordafrikas und im Nahen Osten sind mit Ausnahme von Aluminium keine bedeutenden Produzenten von Metallrohstoffen. Bei Aluminium haben die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, Oman, Ägypten und Iran zusammen einen Anteil von ca. 7–8 Prozent an der weltweiten, primären Aluminiumproduktion. Das ist ein nicht unerheblicher Anteil.
VAA: Können Regierungen oder Unternehmen effektiv reagieren, wenn ein scheinbar stabiler Markt durch den Sturz eines autoritären Regimes plötzlich kollabiert?
Buchholz: Eine schnelle Reaktion ist nicht möglich. Dafür ist die Angebotselastizität bei mineralischen Rohstoffen nicht groß genug. Allerdings gibt es nur wenige Länder, die eine so große Marktmacht besitzen, dass der Regimekollaps auch die Märkte kollabieren ließe.
VAA: Rohstoffverarbeitende Unternehmen haben die Möglichkeit, bei der Regierung sogenannte "Garantien für Ungebundene Finanzkredite" zu beantragen. Wie funktionieren diese UFK-Garantien?
Buchholz: UFK-Garantien stellt die Bundesregierung deutschen Unternehmen zur Absicherung der Finanzierung von ausländischen Rohstoffvorhaben gegen politische und wirtschaftliche Risiken zur Verfügung. Deutsche rohstoffverarbeitende Unternehmen sichern sich dadurch langfristige Lieferverträge. Das reformierte Garantieinstrument hat einige Vorteile gegenüber der alten Version: Wirtschaftliche Risiken wurden aufgenommen, der Selbstbehalt wurde reduziert und auf Fremdwährungszuschläge sowie ein risikoadäquates Entgeltsystem wurde verzichtet. Die UFK-Garantie ist für Rohstoffeinkäufer interessant, die sich langfristig mit primären Rohstoffen oder Raffinadeprodukten absichern möchten. Die UFK-Garantie bietet Schutz vor einem Ausfall der gedeckten Forderung aufgrund politischer und wirtschaftlicher Risiken.
VAA: Welche Aufgaben hat die im letzten Jahr gegründete Rohstoffagentur in der Rohstoffpolitik übernommen?
Buchholz: Die Deutsche Rohstoffagentur (DERA) ist die zentrale Informations- und Beratungsplattform für mineralische und Energierohstoffe. Unsere Themen sind Rohstoffverfügbarkeit und Versorgungssituation sowie Rohstoffpotenziale und Ressourceneffizienz.
Wir beraten Unternehmen der deutschen Rohstoffbranche in Fragen der Verfügbarkeit und aktueller Marktentwicklungen sowie bei der nachhaltigen Nutzung von Rohstoffen. Hierfür bieten wir individuelle Recherchen zu bestimmten Rohstoffmärkten an, welche Unternehmen bei ihrer Entscheidungsfindung im Einkauf und der Rohstoffsicherung unterstützen. Darüber hinaus bieten wir von der Recherche zu neuen Rohstoffproduzenten und -lieferanten bis hin zur Bewertung von Bergbauprojekten fundierte Informationen für die Diversifizierung von Rohstoffbezugsquellen.
VAA: Welche Rolle spielt die DERA bei der Erkundung und Exploration neuer Rohstoffquellen?
Buchholz: Im Auftrag der Bundesregierung führt die DERA im Rahmen von Forschungsprojekten geologische Übersichtsarbeiten durch, insbesondere im Bereich der Ozeane und in sogenannten Frontier-Gebieten. Diese Vorfelderkundung hat zum einen das Ziel, den Wissensstand über weltweite Rohstoffpotenziale zu erhöhen, zum anderen kommen die Ergebnisse der deutschen Wirtschaft zugute: Unternehmen werden dadurch in die Lage versetzt, gezielte Explorationsarbeiten in Gebieten mit vermutetem Erzpotenzial durchzuführen. Hierbei werden auch neue Instrumente und Methoden in der Rohstoff- und Bergwirtschaft entwickelt. Die Projekte werden insbesondere als Pilotprojekte gemeinsam mit der Industrie oder im Vorfeld der Industrie, aber auch als Forschungsverbundprojekte durchgeführt.
VAA: Was für Projekte sind das?
Buchholz: Ein Beispiel ist die Erstellung von Investorenhandbüchern zum Rohstoffpotenzial einzelner Länder. Hierbei gehen die Wissenschaftler, meist Geologen, ins Gelände und bewerten alte und neue Rohstoffvorkommen. In den vergangenen drei Jahren führten wir beispielsweise drei Expeditionen in die Mongolei durch, letztes Jahr waren wir in der Wüste Gobi. Die Erkundung von Lagerstättenpotenzialen im südlichen Afrika, insbesondere für Platin und Elektronikmetalle, oder die Erkundung mariner Rohstoffpotenziale ist ebenfalls ein bedeutendes Forschungs- und Entwicklungsfeld der DERA.