Lücken im Datenschutz gefährden Integrität
VAA blickt in unruhiger Zeit auf 90jährige Geschichte zurück.
Der VAA wird 90: Gegründet wurde der Verband 1919 in Halle an der Saale als Bund angestellter Chemiker und Ingenieure (BUDACI). Rund 1600 vorausschauende Gründer erstritten dem Verband rasch den Status einer tariffähigen Gewerkschaft. Bis heute ist der VAA der einzige Führungskräfteverband in der Bundesrepublik, mit der Durchsetzungskraft, Tarifverträge für seine Mitglieder abschließen zu können.
Der VAA hat allen Grund, mit Stolz auf seine Geschichte zurückzublicken. Seinen Mitgliedern ist es gelungen, zusammen mit anderen Mitgliedsverbänden des Deutschen Führungskräfteverbandes (ULA), Ende der 1980er Jahre das Sprecherausschussgesetz zu erkämpfen. Leitende Angestellten haben dadurch in Betrieben und Unternehmen eine angemessene Vertretung erhalten. Die gesetzlichen Sprecherausschüsse in der Chemie sind inzwischen unbestritten eine Domäne des VAA. Darüberhinaus leistet der VAA seit Jahren engagierte Betriebsratsarbeit. Hinzukommen die zahlreichen Vorteile, die etliche VAA-Mitglieder Tag für Tag vor allem durch den Juristischen Service und das Netzwerk erlangen. Es gibt also viele gute Gründe, das 90jährige Jubiläum auf der diesjährigen Delegiertentagung im April in einem würdigen Rahmen zu feiern.
Allerdings: Es ist eine Feier in unruhiger Zeit. Vertrauensverlust in verschiedenen Formen und Facetten prägt das Bild, wohin man schaut.
Vertrauen steht auf dem Spiel, wenn Arbeitnehmer befürchten müssen, vom eigenen Arbeitgeber am Arbeitsplatz bespitzelt zu werden. Die Kette der beunruhigenden Nachrichten reißt nicht ab. Große, wegen privater Korruption um ihr Renommee fürchtende Unternehmen wollen mehr wissen, als sie dürfen. Doch man kann den Teufel der Korruption nicht mit dem Belzebub der Spitzelei austreiben. Deshalb ist die Politik gut beraten, kurzfristig ein wirkungsvolles Arbeitnehmerdatenschutzgesetz zu erlassen. Das tut Not!
Als Symbolpolitik sind dagegen Forderungen zurückzuweisen, die den Aufsichtsrat zur obersten Innenrevision eines Unternehmens umfunktionieren wollen. Die Prognose dürfte kaum zu gewagt sein: Lückenloser und berichtspflichtiger Arbeitnehmerdatenschutz wird künftig genauso zum Prüfstein für die Integrität eines Arbeitgebers werden, wie die Beachtung internationaler Abkommen und Initiativen gegen Korruption etwa der UN-Initiative Global Compact oder der International Anti-Corruption Conference (IACC).
Vertrauensverlust ist auch das Thema der Kapital- und Finanzmärkte, deren Krise längst die Realwirtschaft erfasst hat. Trau, Schau, Wem? So heißt ein alter Spruch der Juristen. Er mahnt dazu, Geschäftspartnern nicht leichtfertig oder auf Empfehlung hin Vertrauensvorschuss zu gewähren. Dieser Tage hat die Europäische Kommission einen Verordnungsvorschlag zur Kontrolle von Rating-Agenturen gemacht. Ihnen und zu vertrauensseeligen Ratings wird Mitschuld am Ausbrechen der Finanzkrise zugeschrieben. Das wichtigste Gut der Agenturen, die Glaubwürdigkeit bei der Risikobewertung steht auf dem Spiel: Kann eine Verordnung, Ordnung in diesen Markt bringen, gar Vertrauen wieder herstellen helfen? Zur Funktion und Kontrolle von Rating-Agenturen bringt der VAA Newsletter in dieser Ausgabe zwei aufschlussreiche Interviews. Gerade als Führungskräfte der Realwirtschaft müssen wir uns mit unseren Erwartungen bei diesem Thema einbringen.
Ihr Dr. Thomas Fischer