Rohstoffsicherheit: Sündenbock Spekulation?

Dafür ist sie jedoch auf einen stabilen, für die Unternehmen möglichst berechenbaren Rohstoffmarkt angewiesen. An dieser Stelle kommt die Politik ins Spiel: Statt sich medienwirksam auf die Bekämpfung der eher peripheren Spekulation zu stürzen, sollte sich Nicolas Sarkozy um ein zumindest unter den EU-Partnern abgestimmtes Konzept zur Koordinierung der Rohstoffpolitik bemühen.

Unlängst präsentierte die EU-Kommission ihren in die Strategie Europa 2020 eingebetteten Plan für ein ressourcenschonendes Europa. Viel Neues bietet er nicht – intelligente Ressourcennutzung, mehr Umweltschutz und nachhaltiges Wirtschaftswachstum gehören zu den Eckpfeilern eines jeden Zukunftsentwurfs. Interessanter ist der Plan, den die Kommission entgegen ihren ursprünglichen Absichten nicht vorstellte, nämlich die neue Rohstoffstrategie. Darin wird die von Sarkozy herausgearbeitete Schlüsselrolle der Finanzspekulation bei Rohstoffpreisen bezweifelt, übrigens auch von Experten der OECD und des IWF. In letzter Minute beugte sich die Kommission dem Druck des französischen Präsidenten und verschob die Präsentation.

Europa braucht beides: eine gemeinsame Rohstoffpolitik und einen gemeinsamen Rohstoffmarkt. Dazu gehört auch der Handel mit Rohstoffderivaten, der sich nicht wie Teile der Finanzwirtschaft – etwa der sich mittlerweile zu gefährlicher Größe aufblähende Schattenbanksektor – vernünftigen Kontrollmechanismen entziehen darf. Über Instrumente wie die Einführung von Margenzahlungen oder Positionslimits kann und muss diskutiert werden. Aber eine Entmündigung der Rohstoffmärkte darf nicht stattfinden, damit würden letztlich auch die rohstoffintensiven Industrien ausgehebelt. Gerade durch den Derivatehandel sichern sich Unternehmen gegen Preisschwankungen ab. Es wäre höchst bedauerlich, geriete ein solch wichtiges Thema zum Spielball persönlicher Eitelkeiten. Der Rohstoffmangel bedroht Industrieländer in ihrem wirtschaftlichen Kern. In dieser Frage sind Alleingänge oder Schnellschüsse nicht nur unangebracht, sondern kontraproduktiv. Zögerlichkeit und zähe Abstimmungsrunden kann sich aber auch niemand leisten. 

Der VAA Newsletter erscheint jeden Monat neu. Wenn Sie möchten, benachrichtigen wir Sie regelmäßig per E-Mail über die Themen der aktuellen Ausgabe.

Alle News in einer App

Aktuelle Ausgabe:

Ausgabe April 2024

Ältere Ausgaben: